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DIE AUSPUFFKRÜMMER

■ Geschehnisraum Hinterhof Pfuelstraße 5

Es ist Nachmittag. Im Hinterhof, wo ich wohne, stehen heute zwanzig Autos. zehn intakte, zehn verbeulte. Die Fabrikate reichen von primitiv Polo bis zum türkisfarbenen Straßenkreuzer. Viele Männer stehen herum. Zwanzig. Zehn in Arbeitskleidung, zehn in Hausmannskost: beige Hosen, hellblaue Hemden, oder Kord. Die Motorhauben sind aufgerissen. Viele Köpfe verschwinden darin. Eine Hand reicht der anderen einen Ölhahnschlauch. Ein Schraubenschlüssel fliegt auf den Boden. Der unter mir lebende Motorradreparierer bockt ein Motorrad auf. Der Boden wummert. Jetzt sind überall zwischen den Autos Motorräder. Die Frau des Motorradreparierers, Gabi, wäscht mit Pril einen großen Campinglastwagen, der auf dem Hof einen Standardplatz hat. Sie steht auf dem Dach, in der einen Hand den Wasserschlauch, in der anderen die Bürste. Es schäumt sehr. Gabi ist blond und hat rot lackierte Fingernägel. Die Hände aber sind vom kontinuierlichen Waschen des Campinglastwagens aufgedunsen. Ein Anlasser ist kaputt. Drei Mechaniker sind unter der Motorhaube, einer sitzt am Steuer. Eine Stimme ruft: Mach an! Nach einigen vergeblichen Versuchen, heult der Motor endlich auf. Erst kurz, dann ganz lang. Ein Mechaniker mit vielen grauen, gelben und ockeren Punkten im Gesicht zieht eine Karre mit einem Vergaserkompresser darauf über den Hof. Mehrere Motorradfahrer stehen um ihre Motorräder herum. Meist tragen sie rote oder grasgrüne Lederkleidung. Sie sind jung und lustig. Die Motorräder müssen eingestellt werden. Das dauert lange und ist sehr laut. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht das Moped vor der Tür. „Stimmt was nicht?“, ruft eine Stimme. „Kaputt.“ Es ist der Motorradreparierer selbst. Er ist untersetzt und hat, seit ich ihn kenne, eine blaurote Beule am Kopf. Seine Frau Gabi, die immer noch auf dem Campinglastwagen steht, liebt ihn nicht mehr, obwohl sie ihn besitzt, wie sie sagt. Während ein Motorrad laut aufheult, katapultiert ein türkischer Yuppie einen weißen Mercedes mit hoher Geschwindigkeitskraft in den Hof. Hup Hup, vier Reifen wollen quietschen. Alle stehen jetzt um den Mercedes herum, nur Gabi ist auf dem Dach. Alle machen die Motorhaube auf. Alle schauen in den Motorraum hinein. Alles ist in Ordnung. Die Motorhaube ist wieder zu. Gabi steigt vom Campinglastwagen, zurück bleibt ein großer See. Sie bohrt sich durch die Motorräder und holt ihre drei Hunde aus der Werkstatt. Ein Schäferhund, zwei Neufundländer. Ein Ford heult auf, der Motor ist kaputt, die Bremse wird gezogen, die Tür knallt zu. Die Hunde, namentlich Hagen, Castor, Kasi, springen im Hof herum. Gabi wirft einen kleinen gelben Gummiball, und Castor fängt ihn auf. Ein Neufundländer ist so groß wie eine Kuh. Seine Zunge ist ein wässriges rosa und fett. Hagen, Castor und Kasi springen über einen unter einem Passat liegenden Mechaniker. Nur die blauen Antonhosen schauen heraus. Ein anderer Mechaniker kommt mit einem Becher Kaffee aus der Werkstatt und setzt sich auf einen Kotflügelhaufen. Liebevoll ruft Gabi: „Haaaaageeeen!“ Sie sagt, ihre Hunde sind genauso klug wie ihre Kinder. Das Hoftelefon, mit installiertem Verstärker, klingelt schrill und klar zwanzig Mal. Ein Mechaniker zieht eine dicke Metallplatte auf Stahlrädern, zum Aufbocken des Motorraums, über den Hof. Noch sind sechs Motorräder einzustellen. Es ist Abend geworden. Eine Kette rasselt, Tore werden verschlossen, Schweißgeräte zischen, es glimmt und glüht, das Telefon läutet, Stahlstifte fallen zu Boden. Noch stehen zusammengewürfelte Männer in der Mitte des Hofes. Einer zieht einen Prospekt aus der Hose, und alle Herumstehenden lugen neugierig hinein. Gabi beginnt zu später Stunde ein Motorrad zu waschen.

Beate Günther

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