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DGB-Index Gute ArbeitMiese Bedingungen im Gesundheitsbereich

Die Berliner Sonderauswertung der Studie zeigt: Beschäftigte leiden zunehmend unter Personalmangel. Besonders betroffen sind Bildung und die Pflege.

Viel auf dem Zettel: Gerade Beschäftigte in der Pflege leider unter Zeitdruck infolge von Personalmangel Foto: IMAGO

Berlin taz | Der Fachkräfte- und Personalmangel wirkt sich zunehmend negativ auf die Arbeitsbedingungen in der Hauptstadt aus. Zu diesem Ergebnis kommt die am Montag veröffentlichte Untersuchung „Gute Arbeit in Berlin 2024“, die das Institut für Arbeit und Wirtschaft im Auftrag der Arbeitssenatsverwaltung erstellt hat.

Demnach gaben 47 Prozent der insgesamt 1.000 Befragten an, in hohem bis sehr hohem Maße bei ihrer Arbeit von Personalmangel betroffen zu sein. Die Folge ist eine steigende Belastung für die Beschäftigung in Form von zusätzlichen Aufgaben, höherem Tempo und längeren Arbeitszeiten. So gaben 40 Prozent der Beschäftigten, die im Betrieb unter Personalmangel leiden, an, regelmäßig Pausen ausfallen zu lassen.

Dadurch sinkt die Stimmung im Betrieb – 49 Prozent der Beschäftigten berichten von einer schlechteren Laune infolge des Personalmangels – und die Fluktuation steigt. 41 Prozent der Befragten gaben an, dass Kol­le­g:in­nen „in hohem bis sehr hohem Maße“ aufgrund der Belastung den Job gewechselt hätten. Diese Dynamik sei „ein Kreislauf, den es zu durchbrechen gilt“, sagte Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe bei der Vorstellung.

Wenig überraschend leiden Beschäftigte in den Gesundheitsberufen am stärksten unter den Folgen des Personalmangels, dicht gefolgt von Sozial- und Bildungsberufen, sowie der Kategorie „Verkehr, Logistik, Sicherheit und Reinigung“.

Pflege besonders betroffen

Neben den Auswirkungen des Personalmangels fragten die Studienautoren auch nach Belastungen im Beruf. Ungünstige Körperhaltungen, Zeitdruck und Abstriche bei der Qualität der Arbeit machen den Beschäftigten in dem Bereich am meisten zu schaffen. Besonders belastet ist wiedermal der Gesundheitsbereich: „Stärker als andere Berufsgruppen leiden Beschäftigte unter den Folgen der Verschlechterung der Arbeitsqualität“, schreiben die Studienautor:innen.

Die Erhebung ist eine Sonderauswertung des jährlich erscheinenden DGB-Index Gute Arbeit. Für Berlin wird die Auswertung aber nur alle zwei Jahre veröffentlicht. Dafür werden 1.000 Berliner Beschäftigte zusätzlich befragt. Im Vergleich zu den Vorjahren zeigen die Werte kaum Verbesserungen, die über zu erwartende statistische Abweichungen in dem Sample hinausgehen.

Im bundesweiten Vergleich sind die Arbeitsbedingungen in Berlin kein Sonderfall. Leichte Abweichungen gibt es bei den Arbeitszeiten. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt war der Anteil der Beschäftigten, die auch abends arbeiten müssen, um neun Prozent höher.

Deutlich größer fallen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern aus. So leiden Frauen häufiger unter respektloser Behandlung (23 Prozent Differenz) und mangelnder Wertschätzung durch Vorgesetzte (34 Prozent Differenz) als Männer. Männer hingegen leiden häufiger darunter, dass ihre Arbeit keinen Sinn für die Gesellschaft beiträgt (25 Prozent Differenz). Beides lässt sich unter anderem durch die Überrepräsentation von Frauen in Pflegeberufen erklären, so die Studienautor:innen.

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