piwik no script img

DFB-Team vor Länderspiel gegen SpanienBeginn der blauen Phase

Im Nations-League-Auftakt geht es gegen Spanien. Timo Werner möchte beweisen, dass er auch im DFB-Dress Weltklasseniveau erreichen kann.

Vorbereitung auf die Nations League: Timo Werner im Stuttgarter Robert-Schlienz-Stadion Foto: Christian Charisius/dpa

Es waren ziemlich viele Lobeshymnen, die Anfang September 2017 auf Timo Werner herabprasselten. Zwei Tore hatte der in Stuttgart geborene Angreifer beim 6:0-Schützenfest in der WM-Qualifikation gegen Norwegen erzielt, aber viel bemerkenswerter war, dass das schwäbische Publikum den zu RB Leipzig gezogenen Sohn der Stadt nicht wie befürchtet auspfiff, sondern mit stehenden Ovationen feierte.

Das größte Kompliment machte hernach sein damaliger Konkurrent und einstiges Vorbild Mario Gomez, der bei seiner Einwechslung für Werner selbst den Namen des Matchwinners skandierte. Werner werde „die nächsten zehn Jahre den deutschen Sturm dominieren“, sagte der Routinier voller Überzeugung.

Nicht alle Voraussagen im Profifußball gehen in Erfüllung: Der inzwischen 24 Jahre alte Werner hat zwar insgesamt vier erfolgreiche Jahre bei RB Leipzig hinter sich, vergangene Bundesliga-Saison hinter Robert Lewandowski die meisten Treffer erzielt, 28, und er schaffte in 222 Bundesligaeinsätzen immerhin 91 Tore, aber in der Nationalmannschaft ist die Quote nach dem bemerkenswerten Debüt vor drei Jahren noch ausbaufähig. Elf Tore sind es nach 29 Länderspielen.

Und bei der WM 2018 setzte Werner, anders als Gomez es dachte, gar keine Akzente. Der Nations-League-Auftakt gegen Spanien (Donnerstag 20.45 Uhr/ZDF) ist aus der Perspektive der deutschen Nummer neun ein Neustart. „Ich möchte auch hier zeigen, dass ich Tore machen kann, wie ich es in Leipzig geschafft habe“, sagt er. In der DFB-Auswahl sei es zuletzt „nicht so rund“ gelaufen. Werner will in der EM-Saison nun auch wieder für Deutschland „regelmäßig Tore machen“.

Zufrieden mit den „Blues“

Kritik war aufgekommen, dass der beste deutsche Bundesliga-Stürmer freiwillig auf die Champions-League-Endrunde mit den Sachsen verzichtet hatte, um beim neuen Verein FC Chelsea in der Vorbereitung präsent zu sein. Zuletzt beim Test gegen Brighton (1:1) glückte ihm gleich der einzige Treffer für die „Blues“, Teamchef Frank Lampard lobte ihn, und als jetzt Werner bei der virtuellen Pressekonferenz des DFB über seine Eindrücke beim neuen Arbeitgeber sprach, klang er durchaus zufrieden.

Seine alten RB-Kameraden hätten sich auch ohne ihn in der Königsklasse prima verkauft, im Halbfinale auszuscheiden, sei gewiss „kein Verbrechen“. Derweil sei er bei Chelsea gut aufgenommen worden. Wenn er etwas auf Englisch nicht sofort verstehe, könne er sich vertrauensvoll auf Deutsch an den Ex-VfBler Antonio Rüdiger wenden, und die Corona­krise habe für London sogar etwas Gutes, erzählte Werner: Es sind weniger Touristen da, der Verkehr ist nicht so dicht, und er steht auf dem Weg ins Training nicht so lange im Stau.

Den Wechsel an die Stamford Bridge, für 53 Millionen Euro Ablöse, habe er sich gut überlegt. Nicht die Bundesliga oder Leipzig seien schuld an am Weggang: „Ich wollte was Neues für mich machen. Das ist ein Riesenklub, der Titel gewinnen will. Was der Verein von mir verlangt, ist nicht viel weniger als das, was ich von mir selbst verlange. Ich bin nicht nach London gegangen, um zu sagen: 28 Tore waren letzte Saison in Leipzig super – jetzt reichen mir ein paar.“

Trotzdem spürt der schnelle Stürmer angeblich keinen Druck, sondern eher Vorfreude. Er weiß, dass das neue Kapitel auf der Insel nur dann eine Erfolgsgeschichte wird, wenn er sich an die Spielweise der Premier League anpasst: „Die Verteidiger sind noch robuster als in der Bundesliga. Da muss ich mich noch weiterentwickeln und dieses Körperliche annehmen – sonst ist man fehl am Platze.“

Zudem würde es auch der Nationalmannschaft helfen, wenn Werner im Eiltempo einen weiteren Entwicklungsschritt unternimmt. Julian Nagelsmann hat sein Portfolio vergangene Saison insofern erweitert, als Werner nicht nur übers Umschaltspiel zum Abschluss kommt, sondern mehr am Kombinationsfluss teilnimmt und auch dann effektiv sein kann, wenn längere Ballbesitzpassagen angesagt sind. Er sei ja zeitweise sogar „im Mittelfeld“ zum Einsatz gekommen, erinnerte sich der Sprinter.

Dass zum ersten Länderspiel nach der Corona-Auszeit wieder seine Heimatstadt der Austragungsort ist, beflügelt ihn: „Ich bin ein Stuttgarter, ich komme gerne nach Hause. Gleich mein erstes Länderspiel war hier sehr erfolgreich. Da kommen natürlich Erinnerungen hoch.“ Das Kompliment von Gomez hat er gar nicht erwähnen müssen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!