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DER KUNST TIPDie Kraft kommt aus dem Osten

■ Lena Smirnova in der Galerie Knaackstr. 90

Gespräch von Lena und Inal:

L: Inal, warum frierst du?

I: Ich bin ein Südvogel.

L: Warum ein so kleiner?

I: Ich bin ein heißer Falke aus dem Süden.

L: Und was hat dich hierher gebracht?

I: Jagd nach Nahrung.

L: Was?

I: Jagd nach geistiger Nahrung.

L: Nun, und hast du welche gefunden?

I: Soviel, daß es aus dem Mund quillt. Weil wir gerade dabei sind, warum hast du gelbe Haare?

L: Weil ich die Liebe Sonne bin.

Lena Smirnova kommt aus dem Leningrader Untergrund, wo in verwahrlosten Vorstädten Künstler Freiheit leben. Strenge Meister-Schülerverhältnisse sorgen für raschen Anschluß an die Avantgarde und für unablässigen Nachschub neuer Talente, hin zur reinen Lehre. Alle eint ein fast unmenschlicher Wille zum Überleben in Kunst.

Während hier munter, in aller Ahnungslosigkeit neue Freßpakete gepackt werden und durch Ausstellungshallen ein Hauch Deospray und Ikea zieht, wird dort reiner Geist und pure Existenz verknüpft.

Erinnern wir uns. Sie sahen schon, lieber Wessi, die riesigen Flüsse, die Millionen in der Moskauer Metro, die Wüste und das Meer.

Lena Smirnova wird es beweisen: am Rand des Lebensminimums wird dort an den Dingen gearbeitet, die ahnen lassen, weshalb deutscher Intelligenz die russische Seele näher ist als Broadway und Hollywood.

D-Mark, sag noch einmal, daß du die beste bist, und Kunstmarkt, nagel dir getrost noch ein Brett vors Hirn. Die Erneuerung kommt aus dem Osten, die Kraft aus der Ost-West-Verbindung aller Kämpfer von unten.

Den Beweis treten ein Maler aus Schweden und eine kleine Kunstgemeinde aus Ostberlin an. Für Geld wurde in Schweden gesorgt. Arbeits- und Galerieräume stellt das besetzte Haus Knaackstraße 90 (Wer gibt ihnen endlich einen Nutzungsvertrag?). Mit Lena Smirnovas Ausstellung wird das Projekt hier begonnen. Ihre Arbeitsergebnisse sind von einer Intelligenz und Klarheit, die bestes Argument für obiges Statement sind. Mirò unterhält sich mit Swetajewa. Während wir uns Parteibücher und Kunstbegriffe um die verstaubten Ohren hauen, geht bei Lena Smirnova die Sonne auf. Hermann

BISZUM19.12.,TÄGLICHVON14-19.30UHR

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