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DER DOLLAR SINKT, DOCH EIN SIEGREICHER KRIEG STÄRKT DIE US-WIRTSCHAFTWarten auf die Kriegsrendite

Da fühlt man sich doch bestätigt: Wenn die US-Regierung schon einen Angriffskrieg vorbereitet, muss sie auch die ökonomischen Konsequenzen tragen. Selbst das internationale Kapital hegt Zweifel an dem, was Bush & Co. planen. Bester Beweis: Der Wert des Dollar sackt, der Euro dagegen erfreut sich großer Beliebtheit. Indem sie ihr Geld vermehrt in Europa anlegen, bekunden die Investoren mangelndes Vertrauen in die Tragfähigkeit der US-Politik.

Was Kriegsgegner als ökonomische Rechtfertigung ihrer moralischen Position deuten mögen, wird aber keinen langen Bestand haben. Mittelfristig kann der Irakkrieg der US-Ökonomie und damit auch der Bush-Administration eher nützen als schaden. Dazu bedarf es zweier Voraussetzungen: Die USA beginnen den Krieg schnell und gewinnen ihn – und zwar zügig. An beidem gibt es wenig Zweifel. Weil die US-Regierung ihre hegemoniale Position ein weiteres Mal unter Beweis stellt, gelingt es ihr, eine bedrohliche wirtschaftliche Schwäche der USA auszugleichen: das Leistungsbilanzdefizit von rund 5 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Gegenwärtig kostet der amerikanische Traum jährlich rund 500 Milliarden Dollar mehr, als die US-Ökonomie einnimmt. Dieses Geld muss auch in Zukunft irgendwoher kommen. Der riesige Geldbedarf lässt sich nur decken, wenn die internationalen Investoren bereit sind, ihr Kapital in den USA anzulegen. Und genau das werden sie tun, wenn George Bush seinen Antipoden Saddam Hussein abserviert hat. Durch die Sicherstellung des gigantischen Kapitalimports auf absehbare Zeit kann die US-Wirtschaft wachsen und ihre Rolle als Konjunkturlokomotive für die Weltökonomie ausfüllen.

Obwohl es den Kriegsgegnern in Europa nicht in den Kram passt: Was gut ist für die US-Ökonomie, ist oft auch vorteilhaft für Europa. Zynisch, aber wahr – wenn die US-Wirtschaft stabil bleibt, oder sogar an Dynamik gewinnt, hat Europa Chancen, daran zu partizipieren. Das nennt man Kriegsrendite – wobei das Gegenteil angenehmer wäre.

HANNES KOCH

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