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DAS GESETZ GEGEN LOHNDUMPING HILFT ALLEN BETEILIGTENTreue muss nicht schlecht sein

„Treue“ ist ein altmodischer Begriff. Wer will sich heute schon festlegen, gar auf Jahre etwas versprechen? Geht „Treue“ dann noch eine Verbindung ein mit „Tarif“ – wie beim „Tariftreuegesetz“ der rot-grünen Regierung –, dann ist der Begriff aus dem vergangenen Jahrhundert komplett. Das jedenfalls sagt der Bund der Deutschen Industrie. Das Gesetz gegen Lohndumping, das heute im Bundesrat zur Abstimmung steht, hält die Wirtschaftslobby für ein rostiges Werkzeug aus der Folterkammer des Dirigismus. Mit derselben Argumentation will die CDU den Entwurf im Bundesrat blockieren. Merkwürdig: CSU-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber führt die Ablehnungsfront an, obwohl es in Bayern ein ähnliches Gesetz bereits gibt. Das deutet daraufhin, dass die Idee nicht unbedingt schlecht ist, es der Opposition jedoch darum geht, der Regierung einen Erfolg zu vermiesen.

Konkret soll das neue Gesetz Folgendes festlegen: Baut eine Firma aus Dresden in Düsseldorf ein Haus in öffentlichem Auftrag, muss sie ihren Arbeitern auf der Baustelle den nordrhein-westfälischen Tarif zahlen – nicht den niedrigeren sächsischen. Diese Regelung wünschen sich die Gewerkschaften Bau und Ver.di, um zu vermeiden, dass teurere Westfirmen von billigeren Ostbetrieben niederkonkurriert werden. Vordergründig sieht es nun so aus, als würden damit Ostunternehmen, die ohnehin schlecht dran sind, noch zusätzlich benachteiligt, weil sie sich den teuren Westlohn nicht leisten können. Das aber stimmt nicht: Da Lohndumping zumindest legal nicht mehr möglich ist, kann auch der Betrieb aus Dresden beim öffentlichen Auftraggeber einen höheren Preis durchsetzen, der die höheren Gehälter aufwiegt. Außerdem werden die deutschen Ostfirmen auch ihrerseits vor Konkurrenz geschützt. Denn in Zukunft müssten polnische Unternehmen den sächsischen Tarif zahlen, wenn sie in Dresden arbeiten.

„Tariftreue“ mag altertümlich klingen – wenn Ländergrenzen durchlässig werden und die Marktwirtschaft sich ausdehnt, kann dieses altmodische Prinzip jedoch eine moderne Form von Stabilität gewährleisten. HANNES KOCH

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