DAS DETAIL: Die Betortung der von Storch
Natürlich, alle lachen nun oder empören sich: Ein Aktivist des Peng-Kollektivs hat eine Sahnetorte im Gesicht der AfD-Politikerin Beatrix von Storch platziert. Ein einfacher Trick aus der Werkzeugkiste des Traditionsprotests, der stets große mediale wie moralische Aufmerksamkeit erzeugt. Eine Frage, abseits der Generaldebatte, blieb dabei bislang unterbeleuchtet: Erfolgte der Tortenwurf regelkonform?
Denn es gibt sie ja, die REGELN des politisch korrekten Tortenwurfs. Die Internationale der Konditoren – im Original: Internationale Pâtissière –, die sich als Vereinigung des kultivierten Tortenwurfs versteht, erachtet ihn folglich nur unter bestimmten ästhetischen wie moralischen Gesichtspunkten als legitim.
Als einer der Kultivierer des Tortenwurfs gilt ihr Gründungsvater, der 1945 geborene Belgier Noël Godin, der unter anderem Bill Gates betortete.Demnach kann nur Mitglied der Internationalen Tortenwerfer werden, wer für seine Torten ausschließlich Sahne und lockeren Rührteigboden nutzt.
Dahinter steckt auch der Schutzgedanke: Tiefgefrorene Sahnetorten sind etwa in durchaus anderer Weise geeignet, das Opfer nicht nur bloßzustellen, sondern auch zu verletzen. Ein weiteres Gütekriterium des regelkonformen Tortenwurfs ist die Anforderung an den Werfer, kurz vor dem Wurf dreimal „Gloub“ zu sagen.
Die Tortung der Beatrix von Storch, so behauptet das Peng-Kollektiv, sei entsprechend der von Godin aufgestellten Richtlinien erfolgt. Demnach, so beteuerte der Festgenommene kurz nach seiner Freilassung, habe er vor dem Tortenwurf dreimal „Gloub“ gesagt. Das Internetvideo, das die Tat dokumentiert, belegt das nicht eindeutig. Den ergänzenden Beweis, dass bei von Storch nur Materialien genutzt worden seien, die den Torterie-Richtlinien entsprechen, will das Tortenkomitee mit einem Kaufbeleg antreten. Im Netz veröffentlichte das Kollektiv eine Quittung, wonach drei Packungen Sprühsahne und zwei regelkonforme Tortenböden erstanden wurden im Gesamtwert von 5,97 Euro.
Das würde zweifelsfrei den Richtlinien entsprechen und ist somit in der ästhetischen, moralischen, politischen und letztlich auch juristischen Einordnung der Ereignisse zu würdigen. Martin Kaul
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen