piwik no script img

Cyberkriminalität in den USA150.000 Sicherheitskameras gehackt

Ein Hacker-Angriff auf Überwachungskameras hat offenbar Einblicke in Gefängnisse und Schulen ermöglicht. Auch Tesla soll betroffen sein.

Den Hackern soll es gelungen sein, in einem Gefängnis über 300 Kameras anzuzapfen Foto: dpa

San Francisco dpa | Hacker haben nach einem Medienbericht 150.000 Überwachungskameras einer US-Firma unter anderem in Krankenhäusern, Gefängnissen, Schulen und Polizeirevieren angezapft. Betroffen waren auch Unternehmen wie der Elektroauto-Hersteller Tesla und die IT-Sicherheitsfirma Cloudflare, wie der Finanzdienst Bloomberg in der Nacht zum Mittwoch berichtete. So hätten die Hacker Aufnahmen vom Tesla-Standort Shanghai vorgeführt. Das kalifornische Start-up Verkada, von dem die Kameras stammen, teilte Bloomberg in einer ersten Reaktion mit, man untersuche „das Ausmaß des potenziellen Problems“.

Es passiert zwar immer wieder, dass Bilder von günstigen Sicherheitskameras für den Haushalt abgegriffen werden – vor allem wenn die Nutzer nicht die voreingestellten Standard-Passwörter der Geräte ersetzen. Dass eine Firma mit großen Kunden gehackt wurde, die speziell mit mehr Sicherheit durch Gesichtserkennung warb, ist dagegen außergewöhnlich.

Das System kann laut Verkada zum Beispiel warnen, wenn eine bestimmte Person ins Blickfeld der Kameras gerät. Die Kunden könnten die Bilder bei Ermittlungen zu Zwischenfällen auch etwa nach der Farbe von Bekleidung oder Geschlechtsmerkmalen durchsuchen, betonte Verkada auf der Firmenwebsite. Die Bilderkennung könne unter anderem Autokennzeichen auslesen. In der Coronapandemie führte die Firma eine Funktion ein, die Alarm schlägt, wenn sich mehr Menschen als erlaubt an einem Ort versammeln.

Einblicke in Polizeireviere, Gefängnisse und Kliniken

Die Hacker demonstrierten Bloomberg dem Bericht nach Aufnahmen aus einem Polizeirevier im US-Bundesstaat Massachusetts, einem Gefängnis in Alabama und einem Krankenhaus in Florida. In dem Gefängnis sei es ihnen gelungen, 330 Kameras anzuzapfen. Bei Tesla seien es 222 Kameras gewesen. Sie hätten sich auch Zugang zum Videoarchiv der Verkada-Kunden verschafft. Dass gespeicherte interne Aufnahmen nicht ausschließlich für das Unternehmen oder die Einrichtung selbst zugänglich sind, ist eher ungewöhnlich.

Die Hacker fanden nach eigenen Angaben Zugangsdaten für einen Administrator-Account mit weitreichendem Zugriff öffentlich erreichbar im Internet. Als „Super-Administrator“ habe man eine Vielzahl von Kameras anzapfen können. Die Hacker hätten den Zugang verloren, nachdem Bloomberg eine Anfrage beim Unternehmen zu dem Thema gestellt hatte.

Dem Magazin „Vice“ stellten die Hacker eine Liste von Verkada-Kunden zur Verfügung. Unter den 24.000 Einträgen fänden sich auch Bars, Geschäfte, Wohnhäuser, Kirchen, Flughäfen sowie Universitäten in den USA und Kanada, schrieb „Vice“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Da gewinnt der Begriff Closed Circuit Television (CCTV) gleich eine ganz andere Bedeutung.



    de.wikipedia.org/w...eo%C3%BCberwachung

  • Immer die Erzählung der bösen Hacker.

    Die faulen Dienstleister, die knauserigen Kunden und der Trend unserer ganzen Spezies zu "mehr, mehr, mehr" und "billig, billig, billig" sind die wahren Wurzeln dieses Desasters.

    Wahrscheinlich waren die Kameras auf shodan [1] zu finden.

    Merke, an den Kunden: wenn Du eine Sicherheitsdienstleistung an einen Drittanbierer herausgibst, dann ist es immer noch Deine verdammte Pflicht, jemenschen im Haus zu haben, der sich damit auskennt. Und auf sie zu hören.

    Mir tun auch die Buden nicht mehr leid, die heute noch von der gerade in Mode gekommenen Ransomware für Tage ausser Gefecht gesetzt werden. Es ist, wie wenn ich mir ein Fahrrad verkaufen liesse, das beim ersten Schlagloch unter meinem Hintern zerfällt.

    [1] en.wikipedia.org/wiki/Shodan_(website)

  • Es lebe die Cloud! Es lebe das Internet of Tingeltangels!



    Tja wenn Mensch halt zu geizig ist eine eigene Infrastruktur zu betreiben, und bereit ist, dass so etwas sensibles wie die Videoüberwachung die eigene Firewall verlässt, braucht man sich ob solchen vorkommnissen nicht wundern.



    Aber leidtragend sind dann wie so oft nicht die Menschen, welche dese Beschaffung organisert haben, sondern die, welche (evtl. gegen ihren Willen) gefilmt wurden.



    Zum Glück handelt es sich in diesem Fall um Sicherheitsforschung und nicht um Bösartigkeit.