Crowdfunding für Drumbreak: Solidarität mit Amen
Der „Amen Break“ ist der meistgesampelte Drumpart der Popgeschichte. Der Schlagzeuger wurde nie entlohnt. Eine Spendenaktion will das ändern.
„Amen, Brother!“ heißt ein Song der obskuren US-Funkband The Winstons. Er ist weitgehend unbekannt, aber in seiner Mitte gibt es ein viertaktiges Schlagzeugsolo, gespielt von Gregory Cylvester Coleman, das haben alle schon mal gehört.
Als „Amen Break“ ist Colemans Solopart in die Popgeschichte eingegangen. Das Genre Drum ’n’ Bass etwa wurde maßgeblich auf Basis dieses Breaks entwickelt. Coleman ist hingegen vor neun Jahren im US-Bundesstaat Georgia als Obdachloser gestorben. Von all den Produzenten, die seine Musik gesampelt hatten, hat er nie einen müden Cent gesehen, genau wie seine Bandkollegen von The Winstons.
Der britische Discjockey Martyn Webster hat daher Mitte Februar als Geste der Wiedergutmachung eine Spendenaktion gestartet. Rund 1.800 Menschen haben bis jetzt kleinere Beträge gespendet. Innerhalb von acht Wochen kamen durch die Crowdfunding-Aktion mehr als 31.000 Euro zusammen.
Zum Vergleich: Eine Datenbank im Internet listet mehr als 1.500 Musikstücke, die den sogenannten Amen Break verwendet haben. Darunter Hunderte von Jungle- und Breakbeat-Tracks, aber auch Hits von Stars wie Amy Winehouse („You Know I’m No Good“) und Bands wie Oasis („D’You Know What I Mean?“) sowie der kalifornischen HipHop-Crew N.W.A. („Straight Outta Compton“). Der berühmteste Drumloop des Pop hat viele Millionen Euro an Tantiemen eingebracht.
Warum ist ausgerechnet dieser Break so beliebt? Der Frankfurter Produzent und DJ Jan Hennig alias Kabuki meint, seine raue Klangästhetik sei „äußerst attraktiv“, außerdem eigne sich der Beat perfekt dazu, ihn „zu zerschneiden und anders zusammenzusetzen“.
Der New Yorker Autor und Künstler Nate Harrison hat sich mit der Geschichte des Amen Breaks beschäftigt. Seine Installation „Can I Get an Amen“ war mehrfach in Galerien ausgestellt und ist auf YouTube vier Millionen Mal abgerufen worden. Die aktuelle Crowdfunding-Kampagne, die Richard Spencer, ehemaliger Sänger und Rechteinhaber der Winstons, zugute kommt, findet er grundsätzlich gelungen.
Noch besser wäre es, „wenn das Geld allen Bandmitgliedern und deren Nachkommen zufließen würde“ – auch der Familie des verstorbenen Schlagzeugers. Gleichlautend äußern sich viele Spender. Per Twitter hat sich der ehemalige Winstons-Bandleader Richard Spencer bereits bedankt.
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