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Cross-Border-LeasingKrankenhaus zu verzocken

Zu Beginn des Jahrzehnts noch angesagt, findet inzwischen kaum jemand noch Cross-Border-Leasing attraktiv. Jetzt ist die Deutsche Messe in Hannover ausgestiegen.

Mit dem Krankenhaus-Verleasing geht es weiter. Bild: ap

HAMBURG taz | Als erste Messegesellschaft ist die Deutsche Messe in Hannover komplett aus einem Cross-Border-Leasing-Geschäft ausgestiegen, das die Gesellschaft über Jahrzehnte gebunden hätte. "Wir sind jetzt wieder alleiniger Herr über alle Hallen auf unserem Messegelände", freut sich Vorstandsvorsitzender Wolfram von Fritsch.

Alle sieben Vertragspartner seien ohne Verluste aus dem riskanten Eine-Milliarde-Dollar-Deal ausgestiegen. Angesichts der undurchsichtigen Vertragskonstruktion können selbst Fachleute dies nur glauben oder nicht. Erwartet wird nun, dass weitere öffentliche Einrichtungen und Kommunen einen Ausstieg versuchen.

Einst sollten mit dem Cross-Border-Leasing ("Überkreuz-Leasing") Steuerschlupflöcher in den Vereinigten Staaten ausgenutzt werden. Besonders beliebt war dies in Frankreich und der Schweiz, Belgien - und der Bundesrepublik. Mitte der 1990er Jahre begannen Städte und Gemeinden Schulgebäude, Straßenbahnen oder Kläranlagen an US-Investoren langfristig zu verleasen, um sie anschließend sofort wieder zurückzumieten.

Verträge liefen in der Regel über 99 oder 100 Jahre. Da solche Mietgeschäfte in den USA als Investition galten, wurden sie steuerlich begünstigt. Dadurch erzielten die US-Partner Millionengewinne, die sie mit der Kommune teilten.

Büchse der Pandora

Kritiker warnten von Anfang an vor dem hoch spekulativen Geschäftsmodell. Cross-Border sei eine "Büchse der Pandora", so Dirk Hänsgen vom Leibniz-Institut für Länderkunde. Mehr als 50 deutsche Kommunen und Zweckverbände haben seit 1995 öffentliches Eigentum in Leasing-Verträge eingebracht. Nordrhein-Westfalen steht mit der Hälfte des deutschlandweiten Transaktionsvolumens an der Spitze, bei den Kommunen sind es etwa Berlin, Stuttgart oder Leipzig. Das Volumen der etwa 150 Verträge schätzt Hänsgen auf rund 50 Milliarden Dollar.

Entsprechend hoch war das Risiko. Unübersichtliche Verträge von mehr als 1.000 Seiten und jahrhundertlange Laufzeiten machten - ähnlich wie bei heutigen Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) - eine seriöse Kalkulation nahezu unmöglich. Zwischenzeitlich habe sich bestätigt, dass wegen Finanzkrise und Haftungsverpflichtungen den Kommunen zusätzliche Kosten entstehen, schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages. 2004 hat die amerikanische Steuerbehörde Cross-Border-Geschäfte zu rechtswidrigen Scheingeschäften erklärt. Seitdem wurden keine neuen Geschäfte mehr abgeschlossen.

Nicht kalkulierbares Risikopotenzial

Doch die alten Verträge beinhalten weiterhin "ein nicht kalkulierbares Problem- und Risikopotenzial", warnt Thomas Hartmann-Wendels, Leasing-Professor in Köln. Er erwartet, dass die Verträge sukzessive aufgelöst werden. Doch nicht immer würden die öffentlichen Institutionen mit einem blauen Auge davonkommen.

Dennoch ist bei dem Geschäft kein Ende abzusehen, denn das Kernproblem bleibt: "Die tiefe Ursache ist die Finanzmisere der Kommunen", sagt Hartmann-Wendels. So will Schleswig-Holstein seine Uniklinik über einen Zeitraum von "voraussichtlich 25 Jahren" verleasen und zurückmieten, die Bundeswehr ordert nach ähnlichem Modell zwei Transportschiffe.

Bei diesen ÖPP geht es um Finanzierungen für den Bau von Straßen oder Renovierungen von Krankenhäusern. Doch wie beim Cross-Border könnten Politiker der Versuchung erliegen, kurzfristige Vorteile zu nutzen, trotz langfristiger Risiken für das Gemeinwesen. Die Bundesregierung beflügelt solche Risikopartnerschaften mit ihrer "ÖPP Deutschland AG", die Kommunen beraten soll.

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5 Kommentare

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  • B
    baugrund

    bei ÖPP geht es nicht um Finanzierung. bei ÖPP geht es um bau und betrieb von infrastruktur. wenn die kommune kein geld hat, geht auch kein ÖPP. ÖPP ist kein bauen ohne geld. und risiken werden von dem getragen, der sie beherrschen kann. das sollte doch langsam mal klar sein! bei der konventionellen beschaffung wird ALLES vom staat getragen. aber da sagt keiner was, dass baukosten in der regel überschritten werden, bauzeiten sich verlängern, etc..

     

    bei cross-boarder teile ich ihre meinung völlig, aber einen zusammenhang zu öpp zu ziehen, ist wie äpfel und birnen vergleichen. nur weil ein privater mitmacht, kann man beide varianten nicht vergleichen!

     

    ich bin mir durchaus bewusst das die konkurrenz in der medienlandschaft sehr stark ist, der kosteneinsatz der leser für informationen sehr gering und nachrichten nach dem nachrichtenwert ausgesucht werden (bad news are good news). aber das dadurch eine nachweislich wirtschaftliche variante zur infrastrukturbeschaffung, wie öpp eine sein kann, schlecht gemacht wird, verursacht ebenso volkswirtschaftlichen schaden wie cross-boarder leasing!

  • IM
    Ingeborg Maria Brunzel

    Na endlich, gibt es da jetzt tatsächlich einen Wirtschaftsmann, der es wagt, sich einfach kaufmännisch zu verhalten?

    Es war doch immer klar, dass diese Art von Leasing Spielbank-Gezocke ist. Wir brauchen also auch keine weiteren Gesetze, um diesem Geschäftsgebaren Einhalt zu gebieten. Glücksspiel unterliegt, so weit ich weiß, in unserem Staat ganz klaren Regeln.

  • P
    Phil

    Was nie einer sagt: Dass diese Geschäfte von Anfang an unmoralisch waren.

     

    Deutsche Kommunen haben den amerikanischen Steuerzahler zu besch... versucht.

     

    Dafür sollten sie eigentlich in den Verträgen hängenbleiben. Was man den Börsenspekulanten vorwirft, haben viele Stadtkämmerer auch gemacht.

     

    Kein Wunder, dass wir eine Staats- und Kommunalschuldenkrise haben. Unseriös von vorne bis hinten. Das wird auch nix mehr.

  • F
    Frage

    Erstens - warum gibt es kein Gesetz, das Kommunen und Ländern verbietet, Verträge auf Englisch und nach fremden Rechtsgrundlagen zu schließen?

     

    Zweitens - wenn es ein solches Gesetz gibt: Warum sind solche illegal geschlossenen Verträge nicht null und nichtig?

     

    Drittens - warum sind solche Verträge (oder auch beliebige andere) nicht von Anfang an öffentlich einsehbar?

     

    Es gibt viel zu tun für die Piraten, da ja offenbar keine andere Partei solche entscheidenden Fragen angeht. Wahrscheinlich stehen zu viele Pfründen auf dem Spiel.

  • B
    blub

    Der Satz "Jetzt ist die Deutsche Messe in Hannover ausgestiegen." täuscht eine Aktualität vor die so nicht gegeben ist. Tatsächlich hat die Hannoversche Allgemeine bereits vor zwei Wochen über den Rückkauf des Messegeländes berichtet (http://www.haz.de/Nachrichten/Wirtschaft/Deutschland-Welt/Die-Messe-verschafft-sich-Luft) . Diese Meldung mit weiterem Hintergrund zu versehen ist natürlich lobenswert aber 14 Tage dafür zu brauchen finde ich etwas langsam.