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Cosmos-Reaktor bleibt oben

■ Sicherheitsautomatik katapulierte sowjetischen Reaktor-Teil auf erdferne Bahn / Restsatellit über Westafrika verglüht / Panik in Frankreich: Rummeldekoration mit Cosmos verwechselt

Berlin(taz) - Die Entwarnung erreichte die Krisenstäbe in aller Welt gerade noch rechtzeitig zum Wochenende: am Freitag abend, als - entgegen vieler Prognosen - das automatische Sicherheitssystem des trudelnden sowjetischen Atomsatelliten Cosmos 1900 wie vorgesehen ansprach. Der Reaktorteil wurde abgesprengt und auf eine 720 Kilometer hohe Erdumlaufbahn zurückgeschossen. Damit wird sich die Menschheit erst wieder in einigen hundert Jahren mit dem Problem beschäftigen, denn dann nähert sich das atomare Kraftpaket unserem Planeten erneut.

Noch bevor Moskau den Vollzug des Manövers meldete, ordnete Bundesinnenminister Zimmermann am Samstag früh die Rücknahme aller Vorsorgemaßnahmen des Katastrophenschutzes an. In der Großradaranlage der Forschungsgesellschaft für angewandte Naturwissenschaften, einer Dienststelle der Bundeswehr, war der Kurs des vagabundierenden Trabanten seit Tagen penibel aufgezeichnet und auch das Entkopplungsmanöver registriert worden. „Eine Gefährdung durch radioaktive Strahlung ist weltweit ausgeschlossen“, teilte ein Sprecher des Innenministeriums am Samstag morgen erleichtert mit. Hubschrauberbesatzungen, Nachrichtentechniker, Einheiten von Bundesgrenzschutz zum Aufspüren und Bergen radioaktiver Trümmerteile und Tausende von Katastrophenhelfern der Bundeswehr schickte das Ministerium in „ein ruhiges Wochenende“.

24 Stunden später löste sich über dem westafrikanischen Kontinent auch die Gefährdung durch einen nicht-radioaktiven Trümmerregen in nichts auf. Die gute Nachricht kam aus London. Der konventionelle Rest von Cosmos 1900, meldete das britische Innenministerium, sei am Samstag gegen 23.15 MEZ in der Erdatmosphäre vollständig verglüht.

Zur selben Stunde, als hoch oben der Cosmos-Notmechanismus die aktuelle Gefahr einer radioaktiven Verseuchung der Erdoberfläche bannte, löste unten ein Fehlalarm ausgerechnet im hartgesottenen Atomstaat Frankreich kurzfristig Panik aus. Ein Autofahrer hatte nahe der Autobahn Paris-Lille eine metallisch glitzernde Kugel gesichtet, die auf einem Feld vor sich hin kokelte.

Die Behörden identifizierten die rauchende Zwei-Meter-Kugel sogleich als glühende Cosmos-1900-Reste. Polizei, Feuerwehr und Angehörige des Zivilschutzes sperrten die Autobahn und leiteten den Verkehr weiträumig um. Doch das zierlämpchenbestückte Objekt entpuppte sich als Dekoration eines Rummelbudenaufbaus. Ein Lastwagen hatte sie verloren.

gero

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