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Coronaproteste in Brandenburg und BerlinWeiterer Auftrieb

Überwiegend unangemeldet gingen Coronaleugner am Montag vielerorts auf die Straßen. Eine der größten Demos erlebte Königs Wusterhausen.

Coronaleugner in Königs Wusterhausen Foto: dpa

Königs Wusterhausen taz | 850 Menschen sind am Montagabend zum Coronaprotest in Königs Wusterhausen südöstlich von Berlin zusammengekommen. Es gibt keine Fackeln, keine Deutschlandflaggen. An der Spitze des Zuges laufen Trommlerinnen, jemand mit einem Kinderwagen und ein Mann mit Warnweste, auf der groß geschrieben steht: „Keine Gewalt“ – und etwas kleiner: „Bleibt frei“.

Die Veranstalter sind sichtlich bemüht, sich auf diese Weise von anderen Protesten abzuheben, die inzwischen nicht nur in Sachsen oder Thüringen, sondern auch überall in Brandenburg und Berlin stattfinden. Zuletzt hatte es etwa in Cottbus offene Auftritte von Neonazis gegeben. Zehn Demonstrationen, überwiegend unangemeldet, fanden am Montag in Brandenburg statt, die größte von ihnen mit etwa 1.000 Teil­neh­me­r:in­nen in Eberswalde.

In Berlin kam es stadtweit sogar zu zwölf unangemeldeten Kundgebungen und teilweise daraus entstehenden Demonstrationszügen, etwa am Rathaus Pankow, der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg, am Rathaus Schöneberg oder am Teltower Damm in Zehlendorf. Die Teilnehmerzahlen reichten von einem Dutzend bis zu etwa 300. Die Versammlungen lösten sich auf, wenn die Polizei dazu kam. Es kam zu 40 Ordnungswidrigkeitsanzeigen wegen Verstößen gegen die Coronaverordnung und drei Ingewahrsamnahmen.

In Königs Wusterhausen wird bereits seit dem Sommer jeden Montag demonstriert; doch erst in den vergangenen zwei Wochen haben sich die Teilnehmerzahlen vervielfacht. Ein Redner benennt drei Hauptforderungen. Erstens: die „Zurücknahme aller Grundrechtseinschränkungen“ – also Masken- und Abstandsgebot, Test- und Impfpflicht. Zweitens: einen Untersuchungsausschuss über angebliche staatliche Versäumnisse während der Pandemie. Und drittens: ein Aussöhnungsprozess, der jene Jour­na­lis­t:in­nen und Ärz­t:in­nen würdigt, die sich gegen die Pandemiemaßnahmen gestellt haben. Die Zu­hö­re­r:in­nen reagieren euphorisch.

Andere Realität

Viel Erfolg können sich die De­mons­tran­t:in­nen jedoch nicht erhoffen. Der Brandenburgische Landtag rief am Montag den Notstand aus. Am Dienstag diskutiert das Kabinett aufgrund der angespannten Lage in den Krankenhäusern über stärkere Beschränkungen. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte die Aufmärsche kritisiert: Dahinter stünden nicht besorgte Bürger, sondern „die altbekannten Feinde der Demokratie“. Auf das Verlesen dieses Statements reagierte die Menge mit dem Ruf: „Woidke muss weg!“

Zwar gibt es auch Geimpfte unter den Teilnehmern, die meisten aber haben Angst vor der Impfung, einige leugnen das Virus auch komplett. Ein Mann mit dicker Jacke und gepflegtem Bart sagt der taz: „Man sucht sich seine Ängste ja nicht aus.“ Er möchte anonym bleiben, wie alle, mit denen die taz gesprochen hat. Er gibt zu, dass wohl auch hier einige Neonazis rumlaufen. Erwünscht seien sie allerdings nicht.

Zuvor hatten sich die „Christen in der AfD“ am Kirchplatz getroffen und Weihnachtslieder gesungen, unter ihnen auch der ehemalige Landeschef und Rechtsextremist Andreas Kalbitz. Viele der etwa 100 Teilnehmer schlossen sich dann dem Protestspaziergang der „Freiheitsboten Königs Wusterhausen“ an.

Deren Telegram-Gruppe hatte auch Devid R. abonniert, der Anfang des Monats sich, seine Frau und ihre drei Kinder getötet hatte. Weil ein gefälschtes Impfzertifikat aufgeflogen war, hatte sich R. offenbar gesorgt, dass ihnen die Kinder weggenommen werden würden. Nach einem Bericht der Zeit hatte sich R. schon länger interessiert an rechten Kreisen gezeigt: 2016 war er für eine Zeit als Förderer der AfD registriert.

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