Corona-Maßnahmen: Nur ein kurzer Lockdown?

Wirtschaftsverbände warnen: Ein erneuter Stillstand würde für Zehntausende Betriebe das Ende bedeuten. Einige Ökonomen aber empfehlen den Shutdown.

Eine leere Bar in Berlin

Wird sie geschlossen? Eine Bar in Berlin-Friedrichshain Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

Bars dicht? Cafés und Restaurants ebenso? Und sehr wahrscheinlich auch sämtliche Kultur- und Sporteinrichtungen? Geht es nach der Bundesregierung, wird angesichts der weiter rasant steigenden Zahl der Corona-Infektionen schon ab kommenden Montag das öffentliche Leben bis Ende des Monats drastisch herunterfahren.

Plan der Bundesregierung: Um das Infektionsgeschehen zum Stillstand zu bringen, sollen die Bürger ihre privaten Kontakte stark einschränken, Betriebe, Geschäfte und Produktionsanlagen hingegen möglichst weiterlaufen. Damit einher geht auch, dass Schulen und Kitas geöffnet bleiben. Denn wie der Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbands BDA, Steffen ­Kampeter, meint: Schulen und Kitas zu schließen ist mangels Kinderbetreuung gleichbe­deutend mit Betriebsschließungen.

Unter Ökonomen und Wirtschaftsverbänden ist bereits von einem zweiten Lockdown die Rede, vergleichbar mit dem vom Frühjahr. Dabei war die Bezeichnung schon damals nicht korrekt. Denn anders als etwa in Frankreich, Spanien oder Italien hat es in Deutschland zu keinem Zeitpunkt eine wirkliche Ausgangssperre gegeben.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer spricht dennoch genau davon: Sollte der Lockdown so wie von der Bundesregierung geplant kommen, dürfte das Bruttoinlandsprodukt im laufenden vierten Quartal nicht mehr wachsen, warnt er. Und auch Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenbank, befürchtet mit Blick auf das laufende Quartal: „Sollte es zu drastischen Einschrän­kungen kommen, die deutlich über das bisher angekündigte Maß hinausgehen, könnte die Wirtschaft um bis zu 2 Prozent schrumpfen.“

Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands

„Es kann nicht sein, dass wir wieder die Leidtragenden sind“

Ökonomen sind sich uneins darüber, welches Vorgehen der deutschen Wirtschaft mehr schaden würde

Guido Zöllick, Präsident des des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, tobt: „Es kann nicht sein, dass wir wieder die Leidtragenden sind.“ Das Gastgewerbe sei „kein Pandemie­treiber“, sagt Zöllick und verweist auf Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI), die zeigten, dass Hotellerie und Gastro­nomie kein relevantes In­fektionsgeschehen aufwiesen. Was er allerdings verschweigt: Das RKI ­erwähnt explizit, dass die Zahlen sich auf ­gerade mal ein Viertel aller Fälle beziehen – für die übrigen gibt es keine ­Informationen über den Ansteckungsort.

Ökonomen sind sich uneins, welches Vorgehen der deutschen Wirtschaft mehr schaden würde: eine bundesweite befristete Schließung von Gastronomie, Kulturstätten und Vereinen, also ein „Wellenbrecher-Shutdown“, wie es SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bezeichnet; oder die Beibehaltung der bisherigen Regeln, die bislang aber den exponentiellen Anstieg der Infiziertenzahl nicht stoppen konnten.

„Regionale Lockdownmaßnahmen, angepasst in ihrem Ausmaß an die Infektionslage vor Ort, sind die bessere Lösung“, sagt der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo), Clemens Fuest, in einem Interview mit dem Mannheimer Morgen. Der Schutz der Gesundheit habe Vorrang, die Maßnahmen müssten aber verhältnismäßig sein. Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hingegen plädiert für einen „kurzen, scharfen Lockdown“. Zwei, drei Wochen keine Umsätze – und dann könne es wieder losgehen, sagte Fratzscher im SWR. Die Wirtschaft könne auf diesem Weg relativ schnell wieder zur Normalität zurückkehren.

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