Cooking with Paris auf Netflix: Vergoldete Zwiebelringe
Paris Hilton hat jetzt eine eigene Kochshow auf Netflix. Es geht zwar nicht ums Kochen, aber dafür gibt es viel Chaos, Extravaganz und Glitzer.
Im Januar 2020 veröffentlichte Paris Hilton ein Video auf ihrem Youtube-Kanal. Darin prügelt die Multimillionärin mit einem Kartoffelstampfer auf einen Batzen Hackfleisch ein, den sie anschließend in ein Nudelsieb kippt. Danach fällt ihr auf, dass sie keine Lust hat, Zwiebeln und Knoblauch zu schneiden und entscheidet spontan, dass diese Zutaten doch nicht so wichtig für ihre „berühmte Lasagne“ sind.
Auch, wenn das Video seinem Namen „Cooking with Paris“ – jedenfalls dem Teil mit dem Kochen – nicht wirklich gerecht wird, hatte es fünf Millionen Aufrufe. Also entschied Netflix eine ganze Serie daraus zu machen. Das Ergebnis ist extrem plüschig, seicht und lustig. Und es ist definitiv keine Kochshow.
Paris Hilton ist Unternehmerin, Hotelerbin und die Person, über die mal der Satz fiel: „Sie ist berühmt fürs Berühmtsein.“ Sie erfand in den Nullerjahren das It-Girl, die reiche Tochter, die feiern geht und mit ihren Eskapaden die Boulevardblätter füllt. Seit ihrer Zeit bei der Reality Show „The Simple Life“, in der die verzogenen Gören Paris Hilton und Nicole Richie „normale“ Sachen mit „normalen“ Menschen machen mussten, arbeitet Hilton an ihrer Marke. „Cooking with Paris“ knüpft daran an.
In jeder Folge kocht Hilton mit berühmten Gäst:innen: Der Sängerin Demi Lovato, der Komikerin Nikki Glaser oder ihrer eigenen Mutter und Schwester, Kathy und Nicky Hilton. In der ersten Folge ist es keine geringere als Hiltons alte It-Girl-Freundin Kim Kardashian West. Hilton fasst das Event perfekt zusammen: „Kim und ich haben alles groß gemacht, von Samttrainingsanzügen bis Selfies. Und jetzt machen wir dasselbe mit Frühstück.“ Später sitzen die beiden beim „Frühstück in den Wolken“, umringt von weißen Luftballons am Esstisch, als Kardashian zu Hilton sagt: „Keiner, der so viel Party gemacht hat wie du, sieht so aus wie du.“ Es geht darum, den Mythos des Partygirls aufrechtzuerhalten.
„Cooking with Paris“ hat alles, was die Persona Hilton ausmacht: überall kleine Hunde mit Pullovern, die mit Kaviar gefüttert werden. Dolce & Gabbana-Deko auf der Trüffelbutter, opulente pinke Kleider mit Federn, die im Supermarkt über den Boden schleifen und beim Kochen in Rührschüsseln hängen. („Es ist nicht das praktischste Koch-Outfit, aber ich koche gerne mit Stil.“) Gerichte, wie blaue Marshmallow-Wolken mit essbarem Glitzer oder vergoldete Zwiebelringe. Neben all dem Glamour und Hilton-Kult ist die Sendung vor allem deshalb so gelungen: Sie nimmt sich und ihre Hauptfigur dabei kein Stück ernst.
Nullerjahre-Nostalgie
Es greift das „The Simple Life“-Prinzip: Man nehme Menschen, die noch nie selbst ihre Hände benutzen mussten und lässt sie an einfachen Alltagsaufgaben scheitern. „Cooking with Paris“ zieht das konsequent durch. Es ist sogar glaubhaft, dass Hilton und ihre Gäst:innen noch nie von den Gerichten gehört haben, die sie zubereiten sollen. Manchmal möchte man einschreiten und Hilton die Pfanne aus der Hand nehmen.
Der Chaosfaktor ist nämlich hoch. Hilton entdeckt Küchengeräte in ihrer eigenen Küche, die sie noch nie gesehen hat und auch nicht benennen kann, oder sie fragt eine Kassiererin, was bitte Schnittlauch sei. Kardashian hat innerhalb kürzester Zeit blaue Marshmallowmasse im Auge, und es ist nervenaufreibend der Hilton-Familie beim Hantieren mit Messern zuzusehen.
Man merkt relativ schnell, dass es hier nicht um Rezeptanregungen geht. Was bei all dem Unterhaltungspotenzial aber am meisten überzeugt, sind Hiltons Kommentare, die man allesamt auf Postkarten drucken und an Nullerjahre-Nostalgiker verkaufen könnte. Zum Beispiel als sie erklärt, warum sie Putenschinken und nicht Schweineschinken gekauft hat: „Erinnerst du dich an Princess Pigelette, mein Schwein? Ich fühle mich einfach schlecht, Schweinefleisch zu essen. Sie war mein Kind.“
„Cooking with Paris“ hat keinen speziellen Sinn oder Anspruch. Nur Spaß daran, das Extravagante zu feiern. Was spricht dagegen, sein von Lohnarbeit und Existenzängsten geplagtes Hirn für eine halbe Stunde mit essbarem Einhorn-Glitzer füllen zu lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour