Contra für NPD-Provokation: Nazis schicken Rollkommando
Die NPD setzt rassistische Provokationen fort: Am Samstag will sie vor fünf Flüchtlingsstätten ziehen. Diesmal aber dürfte es mächtig Gegenwind geben.
![](https://taz.de/picture/152600/14/npd_xberg284.jpg)
Die NPD setzt ihre rassistische Kampagne fort: Am Samstag wollen die Neonazis mit einem Autokorso fünf Orte ansteuern, an denen sich Flüchtlinge aufhalten. Parteien und Initiativen rufen zu breitem Gegenprotest auf.
Bereits am Dienstag hatte die NPD auf einer Bürgerversammlung in Hellersdorf gegen eine geplante Notunterkunft für Asylbewerber gehetzt, Bürger stimmten ein. Diesen Geist wollen die Neonazis offenbar aufgreifen. NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke sprach von einer „Anti-Asyltour“ mit einem LKW und „Begleitfahrzeugen“. Der Tross dürfte überschaubar werden: Laut Polizei sind 20 Teilnehmer angemeldet.
Die erste Station ist gleich Feindesland: Kreuzberg. Die NPD wollte direkt vor das Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz, die Polizei genehmigte nur eine Kundgebung um 9.30 Uhr am Moritzplatz, 250 Meter entfernt. Am Freitag verbreiteten sich unzählige Gegenprotest-Aufrufe. „Die Tour der Faschisten zum Desaster machen“, will die Antifa. Auch Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) sprach von einem „deutlichen Empfang“, den man der NPD machen werde. Der Bezirk habe sein „gesamtes Netzwerk mobilisiert“. Das jüngste Infragstellen des Camps durch Senatspolitiker und Medien habe die NPD offenbar zum Protest ermuntert, kritisierte Schulz.
Zweiter Stopp der Partei ist erneut Hellersdorf: um 11.30 Uhr auf den Alice-Salomon-Platz, direkt am U-Bahnhof Hellersdorf. Auch dort ist eine Gegenkundgebung angemeldet. „Die Menschen in Marzahn-Hellersdorf akzeptieren keine rechte Propaganda“, heißt es von der neugegründeten Initiative „Hellersdorf hilft Asylbewerbern“.
Im Anschluss ist um 13.15 Uhr eine NPD-Kundgebung am U-Bahnhof Wittenau genehmigt, unweit der früheren Bonhoeffer-Klinik, wo derzeit Flüchtlinge untergebracht sind. Um 14.45 Uhr ist die Unterkunft in der Soorstraße im Visier, hier hält die NPD am Bahnhof Westend. Letzte Station ist um 16.15 Uhr an der Marienfelder Allee, Ecke Hildburghausener, nahe des derzeit größten Nofaufnahmelagers Berlins. Überall dürfen die Neonazis nicht direkt vor die Heime.
Franz Allert, Chef des Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) und zuständig für die Verteilung der Flüchtlinge, nannte die NPD-Provokation „unerträglich“. Alle angesteuerten Heime seien benachrichtigt und in Kontakt mit der Polizei. Auch die anderen Unterkünfte seien informiert, falls die NPD ihre Route ändere. „Es ist fürchterlich, die Not der Flüchtlinge als Aufhänger zu nehmen für eine rassistische Kampagne.“
Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sprach von „widerwärtiger brauner Propaganda“ und rief zu „angemessenem und friedlichen“ Protest auf.
Der Verfassungsschutz rechnet mit weiteren Aktionen der Neonazis. „In Anbetracht des beginnenden Wahlkampfes ist davon auszugehen, dass die NPD hier ein Thema gefunden hat, das sie öffentlichkeitswirksam nutzen kann“, sagte eine Sprecherin. Bereits im November hatte die Partei eine Auto-Tour gegen „Asylmissbrauch“ durch vier Bezirke bis zum Brandenburger Tor veranstaltet, wo damals Asylbewerber für mehr Rechte hungerstreikten.
In Hellersdorf wollen Bezirk und Land derweil an der geplanten Flüchtlingsunterkunft im früheren Reinhardt-Gymnasium festhalten. Die Fremdenfeindlichkeit komme nicht von den Anwohner, sagte Lageso-Chef Allert. In kleineren, nichtöffentlichen Treffen sollen die direkten Nachbarn im August nochmal informiert werden. Die Unterkunft soll bis Monatsende eröffnen.
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