Contra "Fairtrade Stadt" Hamburg: Gut fühlen und Geschäfte machen
Hamburg will "Fairtrade Stadt" werden: Doch ethische Kriterien in den kapitalistischen Warenverkehr einzuführen, ist ein schwieriges Unterfangen.
H AMBURG taz Ausgerechnet Hamburg. Die Stadt, in der gute Geschäfte über alles gehen. In der die Handelskammer nicht nur direkt auf der Rückseite des Rathauses liegt, sondern die heimliche Regierung stellt, weswegen es das Hamburger Bürgertum auch als Coup versteht, wenn der Handelskammer-Präses zum Wirtschaftssenator designiert wird: Dieses Hamburg will Fair-Trade-Botschafter werden.
Ziel des Fair-Trade-Projekts ist es, die lokalen Produzenten im Süden vom "Druck des Weltmarktes, der schwankenden Preise und des ausbeuterischen lokalen Zwischenhandels" zu befreien. Man zahlt ihnen gerechte Preise und trägt so dazu bei, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen.
Hamburg als Stadt kann es sich leisten, bei Empfängen gerecht gehandelten Kaffee auszuschenken. Hamburg als Standort wird den Teufel tun, solche moralischen Standards auf die Containerschiffe anzuwenden, die in den Hafen einlaufen. Der Hafen nämlich, so der parteiübergreifende Konsens, ist das "schlagende Herz" der Stadt, sein Wachstum Staatsziel Nummer eins.
Ethische Kriterien in den kapitalistischen Warenverkehr einzuführen, ist ein schwieriges, womöglich auch hoffnungsloses Unterfangen. Produkte mit dem Fair-Trade-Siegel versprechen einen Gegenentwurf zur Logik des Weltmarktes, sie können und wollen ihn aber nicht abschaffen. Durch das Fair-Trade-Siegel kaufen sich die Konsumenten, was es eigentlich nicht zu kaufen gibt: ein gutes Gewissen.
Die Bewerbung Hamburgs steht exakt dafür, was von der grünen Politik übrig geblieben ist. Wir konsumieren und fühlen uns gut dabei, denn wir konsumieren so, wie alle es tun sollten. Was außerhalb der Regale unseres Biosupermarktes passiert, geht uns zum Glück nichts an.
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