Computer bei "Jeopardy": "Watson" weiß mehr
Ein Großrechner des IT-Konzerns IBM ist in den USA bei einem TV-Wissensquiz gegen erfahrene Kandidaten angetreten - und hat gewonnen.
Der Mensch ist ein weiteres Mal der Maschine unterlegen. Bei dem TV-Spielshowklassiker "Jeopardy" hat in den USA der Supercomputer "Watson" zwei menschliche Champions geschlagen. In der dritten und letzten Partie brachte der Rechner es am Mittwochabend vor der Endrunde auf gut 17.000 Dollar (12.600 Euro), sein schärfster menschlicher Konkurrent nur auf gut 12.000 Dollar. Das Frage-und-Antwort-Spiel "Jeopardy" ist eine der beliebtesten Shows im US-Fernsehen und war auch in Deutschland sehr erfolgreich.
Durch den Spielmodus katapultierte sich der Gewinn sogar auf 77.000 Dollar und letztlich auf eine runde Million. Auch "Watson" antwortete zwar ein paar Mal falsch, letztlich drückte er aber schneller und hatte sehr oft auch die richtigen Fakten parat.
Als die Forschungsabteilung des IT-Konzerns IBM erstmals mit der Idee an die Öffentlichkeit trat, ging ein Raunen durch die Informatikwelt: Ein Elektronengehirn des Unternehmens sollte trainiert werden, erfolgreich an einer Quizshow im Fernsehen teilzunehmen. Der Großrechner kombiniere dabei eine riesige Wissensdatenbank mit Suchmaschinentechnik und der Erfassung von Sprache, um bei "Jeopardy" zu siegen, einer Sendung, die nach dem Zufallsmuster zahllose Wissensbereiche abfragt.
Mittlerweile ist das Projekt, das hohe Anforderungen an Programmierer und Hardware stellte, fertig. Seit dieser Woche tritt "Watson" gegen zwei menschliche Gegner an. Die Erkenntnisse, die bei der Entwicklung des Systems gewonnen werden können, haben durchaus praktischen Nutzen. Daraus sollen sich neue Techniken auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI) entwickeln lassen, die dann etwa in modernen Datenbanken zum Einsatz kommen und helfen, riesige Informationsbestände automatisiert zu durchforsten. "Computer sollen mit dem Menschen auf einer Ebene interagieren können. Menschen müssen Fragen stellen können, die der Computer versteht und auf die er dann passende Antworten findet", heißt es in der Projektbeschreibung.
Damit die Sache besonders spannend wird, sind die Gegner von "Watson" "Jeopardy"-Experten: Ken Jennings, Rekordhalter als längster Champion, und Brad Rutter, der bei der Sendung bislang das meiste Geld einspielte. In den ersten beiden Begegnungen schlug sich "Watson" bereits wacker. An Tag eins, Montag, erspielte er den gleichen Betrag wie Rutter, insgesamt 5000 Dollar. Am zweiten Tag, Dienstag, zog der Computer, der über 2800 Prozessorkerne verfügt, dann an den Menschen vorbei: Endergebnis waren über 35.000 Dollar, während der Kandidat auf Platz zwei, Rutter, nur bei knapp 10.000 Dollar landete.
Damit "Watson" funktioniert, haben die IBM-Forscher seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts daran gearbeitet. Zunächst ist das System nicht ans Internet angeschlossen, es enthält nur eine sehr große Datenbank und, zur schnellen Bearbeitung von Fragen, 16 Terabyte Hauptspeicher. 90 einzelne Servercomputer wurden von dem Team zusammengestöpselt.
War es anfangs nicht möglich, dass "Watson" mit seinen menschlichen Gegnern mithalten konnte, weil die Berechnung einer Antwort einfach zu lange dauerte, schaffte er es im Live-Spiel nun - in vielen Fällen traf er den Buzzer als erster. Allerdings verzichteten die IBM-Forscher darauf, "Watson" auch noch mit Spracherkennung auszustatten. Stattdessen werden die Fragen eingetippt - vermutlich sehr flott. Das heißt aber nicht, dass dem System Sprachverständnis fehlen würde: "Watson" ist laut IBM-Angaben im Einordnen von Sprache besser als die meisten anderen Systeme auf der Welt.
Angefangen hat alles mit einem recht kleinen Datensatz: "Watson" wurden 500 Fragen aus alten "Jeopardy"-Sendungen eingetrichtert. Anfangs lag die Trefferquote bei maximal 70 Prozent. Und auch jetzt klappt es nicht immer: So gab es am zweiten Wettkampftag einmal die Situation, als "Watson" die kanadische Metropole Toronto plötzlich als US-Stadt titulierte. Während des Spiels können die Zuseher verfolgen, was "Watson" gerade "denkt": Sie bekommen drei mögliche Antworten mit der jeweiligen Wahrscheinlichkeit zu sehen, die das System errechnet hat.
IBM hofft, nach einem Sieg seinen Rechnerverkauf anzukurbeln. Die Technik hinter "Watson" ist laut IBM bereits jetzt kommerziell erhältlich: Die "Power 750"-Server werden seit rund einem Jahr verkauft. Die Software, die auf ihnen läuft, "DeepQA" genannt, dürfte nicht billig sein. Millionen von Dollar müssten Firmen dafür aufwenden, hieß es. Allerdings werde die Technik bald billiger, glaubt man beim Hersteller. IBM hat Erfahrung beim Wettbewerb Maschine gegen Mensch: So schlug der Schachcomputer "Deep Blue" der Firma 1996 den Schachchampion Garry Kasparow.
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