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Come Together, Right Now, Over Me

John Lennon als Werbegenie ■ Bevor die Werbung diese Funktion übernahm (und nachdem die Lyrik die Funktion nicht mehr repräsentativ für den Mainstream ausfüllen konnte), war die Rockmusik an der Reihe, Slogans zu setzen: kurze Wortabfolgen, Sentenzen, die nicht nur hängen bleiben, sondern so auftreten, als seien sie immer dagewesen.

Um das Jahr 1970 herum hat John Lennon eine ganze Reihe solcher Slogans in die Wirklichkeit eingebaut, die in ihrer Direktheit wie Werbetexte für eine Verbesserung der Welt wirken: „Give Peace A Chance“, „Power To The People“, „Woman Is The Nigger Of The World“.

Es ist ja ein bisschen albern, solche Wendungen auf Brisanz oder Stichhaltigkeit zu prüfen: Solange diese Songs sich auf dem Plattenteller drehten, konnte man sich, so stelle ich mir das vor, als guter Mensch fühlen.

Sie haben was Erbauliches. Das war aber nur eine kurze Phase im Werk John Lennons. Vorher hatte er mit surrealen und absurden Elementen gespielt: „I Am The Walrus“.

Vor allem aber hat er auf dem schwierigen Feld der sprachlichen Repräsentation von Emotionen (tja ja!) über seine gesamte Laufbahn immer wieder ganz schlichte, ganz direkte Wendungen gefunden: „You`ve Got To Hide Your Love Away“, „You`re Going To Lose That Girl“, „Don`t Let Me Down“, „I`m So Tired“.

Dieses leicht aggressive, eigentlich super uncoole, aber doch auch selbstbewusste Einsamkeits- und Fremdheitsgefühl der Spätpubertät, das konnte kaum jemand so unverspielt und treffend ausdrücken wie er: Slogans, die zur Innenausstattung der Gefühlshaushalte ganzer Generationen gehörten.

Und dann gibt es noch die Titel, die so selbstverständlich Lyrik sind, dass sie die Sloganhaftigkeit wieder weit hinter sich lassen: „Happiness Is A Warm Gun“ ist in dieser Kategorie natürlich unübertroffen.

DIRK KNIPPHALS

Bei Dirk Knipphals` Lieblingsliedern dürfen auf keinen Fall fehlen: „Across The Universe“ und das wunderbare „Norwegian Wood“.

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