Coesfelder Bundeswehr-Ausbilder: Bewährung für Rekrutenmisshandler
Wegen der Vorfällen in der Kaserne Coesfeld wurden fünf Soldaten zu Bewährungsstrafen verurteilt. Bei einer simulierten Geiselnahme hatten sie Rekruten misshandelt.
MÜNSTER taz Geld- und Freiheitsstrafen bis zu 22 Monaten auf Bewährung, aber auch vier Freisprüche - das sind die Urteile gegen die verbliebenen zehn Angeklagten im Prozess um den Bundeswehr-Skandal von Coesfeld. Zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und zehn Monaten verurteilte die 8. große Strafkammer des Landgerichts Münster am Mittwoch die beiden Hauptangeklagten, zwei als Ausbilder eingesetzte Unteroffiziere. Ihnen wurde gefährliche Körperverletzung, die Misshandlung und in einigen Fällen die entwürdigende Behandlung Untergebener vorgeworfen.
Die Angeklagten hatten rund 80 Rekruten der 7. Instandhaltungskompanie der Coesfelder Freiherr-vom-Stein-Kaserne im Sommer 2004 einer inszenierten Geiselnahme ausgesetzt. Dabei wurden die Rekruten gefesselt. Bei zugehaltener Nase wurde einigen Wasser in den Mund gepumpt, bis sie keine Luft mehr bekamen. Bei einer Scheinhinrichtung wurde mindestens einem Rekruten ein "metallischer Gegenstand" an den Kopf gehalten. Daraufhin sei der Rekrut in Panik verfallen - er hatte zuvor gelernt, dass auch Platzpatronen schwerste Verletzungen auslösen können. Danach schossen die Ausbilder tatsächlich - allerdings weiter weg. "Sie sind jetzt tot", lautete der Kommentar.
Strafmildernd wertete das Gericht, dass keiner der angehenden Soldaten Widerspruch eingelegt hatte. "Die meisten fanden es geil", hatte zuvor ein als Zeuge geladener Rekrut ausgesagt. Der 35-jährige Kompaniechef Ingo Schmidt, der die Geiselnahme genehmigt hatte, ohne sich um Details zu kümmern, wurde deshalb lediglich zu einer Geldstrafe von 7.500 Euro verurteilt. Zwei weitere Unteroffiziere erhielten Strafen von 16 Monaten, ein Feldwebel eine Strafe von zehn Monaten.
Kritisch würdigte Richter Thomas Mattonet auch die Rolle der Bundeswehrführung. Zwar habe diese fingierte Geiselnahmen nur für Soldaten genehmigt, die in Auslandseinsätze geschickt werden. Auch sei die Anwesenheit eines Psychologen sowie ein Codewort, mit dem die Übung abgebrochen werden kann, vorgeschrieben. Beides hatten die Angeklagten ignoriert.
Doch sehen die Bundeswehrvorschriften "fordernde und praxisnahe" Übungen vor. "Die Bundeswehrführung fordert zumindest intern eine harte Ausbildung", so der Anwalt des Berufsoffiziers Schmidt, der weiter Dienst tun darf, zur taz. "Und jetzt werden die angeklagten Soldaten hier vorgeführt."
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