Co2-Ausgleich: Fliegen auf Ablasshandel
Fliegen tut fast jeder - immer mehr machen sich Gedanken über Wiedergutmachung. Ausgleichszahlungen sollen dem Klima helfen. Doch nicht jeder Anbieter ist seriös.
Mit dem Fahrrad von der Haustür zum Ferienort - ein Minderheitenprogramm. Die mit Abstand meistgenutzten Transportmittel für Urlaubsreisen sind Auto und Flugzeug. Dieses Jahr, so schätzt der Flughafenverband ADV, werden noch mehr Deutsche in Urlaub fliegen als in den vergangenen Jahren. Da regt sich bei manchem das schlechte Gewissen: Wo bleibt der Klimaschutz? Das Flugzeug stößt besonders viele klimaschädigende Treibhausgase aus.
Das Zauberwort heißt nun "klimaneutraler Flug": Emissionsrechner im Internet verraten, wie viel Kohlendioxid durch eine Reise verbraucht wird - und wie viel für Klimaschutzprojekte gezahlt werden sollte, um das wieder gutzumachen. Rekordzahlen melden nicht nur Flughäfen und Fluglinien, sondern auch Anbieter von Ausgleichsprojekten. Weltweit gibt es mittlerweile mehr als 50 Anbieter von Ausgleichsprojekten. Und: Die Nachfrage nach ihnen steigt.
"Flugreisende müssen aufpassen, wem sie ihr Geld geben", sagt jedoch Karsten Smid, Klimaexperte bei Greenpeace. Denn: Auf dem Markt seien einige schwarze Schafe tätig. Nicht alle Projekte machten Sinn. Die Finger lassen sollte man laut Smid auf jeden Fall von Organisationen, die CO2-Zertifikate zum Kauf anbieten, damit diese vom Markt verschwinden: "Warum soll man 20, 30 Euro für eine Tonne zahlen, wenn der Preis für die Handelsperiode bis 2008 derzeit bei wenigen Cent liegt?"
Auch das Klimabündnis hat die Angebote getestet. Im Klimabündnis haben sich europäische Städte zusammengeschlossen, die ihre Treibhausgasemissionen mindern wollen. Sie kritisieren vor allem "Prima-Klima-Weltweit". Diese Organisation will CO2-Emissionen ausgleichen, indem weltweit Bäume angepflanzt werden. "Das nährt die Illusion, man könne durch Bäumepflanzen das Klima retten", heißt es im Test des Klimabündnisses. Wälder könnten aber durch Brände und Schädlinge vernichtet werden, die CO2-Senk-Wirkung sei temporär.
Am besten schneidet bei ihnen die Non-Profit-Organisation "Atmosfair" ab. Sie gehört zu den ersten und bekanntesten Anbietern. Im vergangenen Jahr verbuchte Atmosfair 240.000 Millionen Euro, die für die von ihr angebotenen Klimaprojekte gezahlt wurden. Dieses Jahr rechne man mit bis zu 1,5 Millionen Euro, sagt Geschäftsführer Dietrich Brockhagen. Mit dem Geld werden mit Solarthermie betriebene Küchen in Indien finanziert oder die Abwasserklärung einer Fabrik in Thailand.
Auch "BBC Wildlife" und das schwedische Aftonbladet haben die Organisation in ihren Ranglisten auf Platz eins gesetzt. "Positiv ist, auf Alternativen zum Fliegen hinzuweisen, die ausführliche Hintergrundinformation und Transparenz", heißt es beim Klimabündnis. Auch dass sich die Organisation an den "Gold-Standard" hält, wird erwähnt. Dieser soll höhere Umwelt- und Sozialleistungen garantieren als bei Kioto-Projekten gefordert.
BBC Wildlife rät, grundsätzlich darauf zu achten, wer sich an die international gültigen Vorlagen von Kioto und Gold-Standard hält. Schaden kann es auch nicht, einen Blick auf die Administrationskosten zu werfen. Und auch die Komponenten der Emissionsrechner können recht unterschiedlich sein - je nachdem wieweit auf Flugzeugtyp oder zu erwartende Windverhältnisse eingegangen wird.
Problemlösung sei die Ausgleichszahlung für verursachte Emissionen ohnehin niemals, sagt Klaus Milke, Chef der Nichtregierungsorganisation Germanwatch. Besser sei das Wort "Schadenersatz".
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