Clubschiff droht der Untergang: Wasser bis zur Reling
Der Betrieb der „Stubnitz“ liegt seit Wochen auf Eis. Während die Fraktionen sich gegenseitig beschuldigen, bleibt dem Clubschiff wenig Zeit.
HAMBURG taz | Der „Stubnitz“ geht langsam die Luft aus: Seit sieben Wochen liegt der schwimmende Musik-Club auf einem Ausweichplatz am Kirchenpauerkai, 200 Meter neben seinem eigentlichen Liegeplatz am Baakenhöft. So kann sie ihren Kulturbetrieb nicht fortsetzen – für die Nutzung als Veranstaltungslocation am Kirchenpauerkai müsste die Hamburg Port Authority (HPA) ihr Einverständnis geben. Die stellt aber stattdessen immer neue Anforderungen an das Schiff.
Befestigung, Zugang und Beleuchtung müssten erneuert werden, um die Sicherheit zu gewährleisten, verlangt die HPA. Wie die neuen Sicherheitsstandards finanziert werden sollen, ist unklar. Im Stadtentwicklungsausschuss wurde das Thema erst mal vertagt. Grüne und SPD geben sich gegenseitig die Schuld am Streit um die „Stubnitz“.
Die Probleme um das Partyschiff begannen im Juli, als die HPA verkündet hatte, den Liegeplatz am Baakenhöft ab Oktober nicht mehr länger genehmigen zu wollen. Denn das Baakenhöft soll umfassend saniert werden – und das kann dauern. Die Kulturbehörde hatte daraufhin einen Ausweichplatz für die „Stubnitz“ gesucht, was sich als schwieriger als gedacht herausstellte.
Mit fünf Metern Tiefgang kann das Schiff aus Sicherheitsgründen nicht im Binnenhafen liegen. Den Betreibern allerdings sind eine zentrale Lage und eine gute Anbindung wichtig. Im September dann hatte die Kulturbehörde der „Stubnitz“ den jetzigen Platz am Kirchenpauerkai als Ausweichplatz angeboten. Dort liegt die „Stubnitz“ nun und macht eine Zwangspause.
„Der Ausweichplatz war nicht gut vorbereitet“, kritisiert „Stubnitz“-Chef Urs Blaser. Stromanschlüsse mussten gelegt, die Kaikante befestigt und ein Gehweg abgesenkt werden. Die „Stubnitz“ hat bereits rund 30.000 Euro in den Umbau investiert, die Hafencity GmbH 11.000 Euro. Zwar ist der Kirchenpauerkai nur als Zwischenlösung gedacht, aber auch dort muss das Event-Schiff seinen Kulturbetrieb weiterführen, um nicht pleite zu gehen.
Immerhin sind sich die zuständigen Stellen darin einig, dass sie die „Stubnitz“ in Hamburg halten wollen. Zumindest bis Ende 2016 darf das Schiff nach dem Zugeständnis der HPA und der Kulturbehörde im Hafen bleiben. Diese Perspektive bringt allerdings weitere Auflagen der HPA mit sich. Eine zusätzliche Befestigung ist nötig, die die „Stubnitz“ 100.000 Euro kosten wird – ein Betrag, den das Clubschiff bis Ende 2016 unmöglich einnehmen kann.
Die Grünen-Fraktion hatte daraufhin im Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft vorgeschlagen, die Liegegenehmigung über 2016 hinaus zu verlängern, oder der Stadt einen Teil der Kosten aufzubürden. Die SPD-Fraktion argumentierte, man solle zunächst weitere Gespräche zwischen „Stubnitz“, HPA und Hafencity GmbH abwarten.
„Die SPD will von ihrer Verantwortung ablenken“, vermuteten die Grünen. „Offenbar fehlt seitens der SPD der politische Wille, eine pragmatische Lösung für das Clubschiff hinzubekommen“, sagte Farid Müller, grüner Bürgerschaftsabgeordneter für Hamburg-Mitte.
Die SPD reagierte mit Unverständnis auf den Vorwurf – schließlich habe man die Vertagung des Themas einvernehmlich beschlossen. „Grundsätzlich wollen alle der ’Stubnitz‘ helfen und eine Lösung finden“, sagte Dirk Kienscherf, Experte für Stadtentwicklung bei der SPD-Fraktion. Derzeit entwickele der Senat noch ein Gesamtkonzept für die zukünftige Nutzung des Baakenhöfts. Ob die „Stubnitz“ darin einen Platz haben wird, ist noch offen. Angedacht hat die SPD jedenfalls die Nutzung durch ein „Kulturschiff“.
Wichtig ist jetzt, dass bald etwas entschieden wird, sonst, so sagte „Stubnitz“-Chef Blaser zur taz, „ist die Operation erfolgreich, aber der Patient ist tot“.
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