piwik no script img

Claudius Prößer ist sich sicher: den Abschlussberichts des BER-Untersuchungsausschusses werden wenige lesenAm Ende sind alle Fragen versiegt

Wie inszeniert man die Vorstellung eines Berichts, in dem es um technische Inkompetenz geht? Man sorgt dafür, dass die Tontechnik streikt. Im Pressesaal des Abgeordnetenhauses haben die KollegInnen vom Rundfunk erst gar kein Signal, dann ist es zu laut, am Ende müssen sie ihre Mikrofone immer neu vor die Abgeordneten stellen. Nach dreieinhalb Jahren Untersuchungsausschuss BER erträgt man es routiniert.

In der Welt ist der Abschlussbericht seit Tagen – aber nur virtuell. Nun liegt er pa­pieren vor: sieben Zentimeter dick, 1.269 Seiten, zwei Bände. Der etwas dünnere enthält die Version der Koalition, der etwas dickere die „Sondervoten“ der drei Oppo­sitionsfraktionen. Sie fühlen sich an wie die guten alten Berliner Telefonbücher, und wahrscheinlich werden sie auch genauso viele Leser finden: ziemlich wenige. Die bekannten Positionen der Beteiligten werden von den Obfrauen und -männern ein letztes Mal vorgetragen: Den kleinsten gemeinsamen Nenner formulieren Ole Kreins (SPD) und Stefan Evers (CDU): verkorkste Unternehmenskultur, kollektives Wegducken, Geschäftsführung verschweigt Fehler. Am Aufsichtsrat wenig Kritik: Die Abreibung für Klaus Wowereit als langjährigen Vorsitzenden ist sanft wie eine Streicheleinheit.

Diese Lücke füllen die Sondervoten. Andreas Otto (Grüne) hält daran fest, dass dem Aufsichtsrat schon im Februar 2012 klar war, dass die Eröffnung im Juni scheitern würde. Und dann die Entlassung des Generalplaners pg bbi nach dem ersten Debakel: Um die millionenschweren Konsequenzen dieser Maßnahme habe sich der Aufsichtsrat unter Wowereit einfach keine Gedanken gemacht.

Jutta Matuschek (Linke) sagt, Pannengeschäftsführer Rainer Schwarz habe das Projekt sowohl organisatorisch als auch finanziell vergeigt. Im großen Crash sei diese Erkenntnis aber untergegangen. Der scheidende Ausschussvorsitzende Martin Delius (Piratenfraktion) moniert noch mal, dass die Koalition ein Gutachten zu Haftungsansprüchen abgelehnt habe.

Fragen? Keine Fragen? Gar keine? Der Saal schweigt. Irgendwann ist auch mal gut. Die BER-Malaise wird lange genug weitergehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen