Christopher Street Days in Deutschland: Queere Community trotzt brauner Hetze und Gewalt
Nach menschenverachtenden Attacken Rechtsextremer findet der CSD in Eberswalde unter Polizeischutz statt. In Düsseldorf feiern 7.300 Menschen mit klarer Botschaft.

Rund eine Woche nach dem gewaltsamen Angriff von Vermummten auf ein Fest für Vielfalt in Bad Freienwalde hatte die Polizei ihren Einsatz verstärkt. Ganz in der Nähe der bunten Parade traf sich auch die AfD und lud zu einem Sommerfest. Laut Polizei gab es jedoch keine Situation, wo Beamte hätten einschreiten müssen.
Polizeipräsident vor Ort
Brandenburgs Polizeipräsident Oliver Stepien war selbst vor Ort. „Wichtig war mir, einen persönlichen Überblick zu bekommen“, sagte Stepien der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Veranstaltung. „Ein Ziel ist zu zeigen, dass wir die Sorgen der Menschen ernst nehmen.“ Zudem wolle er seinen Kollegen im Dienst seine Wertschätzung zeigen.
Der Kampf gegen Rechtsextremismus bleibe eine wichtige Aufgabe der Polizei in Brandenburg, aber auch der Gesellschaft insgesamt, sagte Stepien. Austausch unterschiedlicher Meinungen sei wichtig. Doch Straftaten und Gewalt seien die rote Linie.
Woidke: „Wir sind das Bollwerk gegen Faschismus“
Bei einem gleichzeitig stattfindenden SPD-Landesparteitag in Cottbus sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke: „Wir sind das Bollwerk gegen Faschismus und Rechtsextremismus.“ Der SPD-Politiker verwies auf den Vorfall in Bad Freienwalde am vergangenen Wochenende. Rechtsextremisten würden immer dreister, bedrohten, beleidigten und griffen Menschen auch körperlich an. „Das dürfen und das werden wir niemals tolerieren.“
Woidke sagte: „Wir stehen für ein freies und gleichberechtigtes Miteinander aller Menschen hier bei uns in Brandenburg – egal, wen man liebt, egal, an was man glaubt, egal, was man ist oder woher man kommt.“
Rechtsextreme wollen gegen CSD in Berlin-Marzahn demonstrieren
Überschattet wird der CSD zunehmend von Anfeindungen und Übergriffen, denen lesbische, schwule und queere Menschen nach Einschätzung ihres Interessenverbands ausgesetzt sind. Zudem rufen Gruppen junger Rechtsextremisten zu Gegenaktionen auf. Parallel zu einer „Pride Parade“ in Berlin-Marzahn etwa war am Samstag eine Gegendemonstration aus der rechtsextremen Szene angemeldet.
Mitte Mai war der CSD in Gelsenkirchen kurz vor dem geplanten Start wegen einer abstrakten Bedrohungslage abgesagt worden. Gegen den Regensburger CSD lag ein Drohschreiben vor. Im vergangenen Jahr waren rechte Gruppierungen in Bautzen und Leipzig gegen CSD-Demonstrationen vorgegangen.
Regenbogenfahne angezündet
In Dallgow-Döberitz im Kreis Havelland brannte erst kürzlich eine Regenbogenfahne vor dem Rathaus. In Eberswalde gab es Forderungen aus den Reihen der AfD, solche Fahnen an öffentlichen Gebäuden zu verbieten. Die Veranstalter des zweiten CSD in der Stadt wollen sich nicht einschüchtern lassen. „Jetzt erst recht“, schrieben sie bei Instagram.
Die queere Community will gerade auch auf dem Land in Brandenburg Gesicht zeigen. CSDs sind im Juli noch in Falkensee, Wittenberge, Luckenwalde, Neuruppin, Bad Belzig und Bernau bei Berlin geplant.
Queere Menschen feiern CSD in Düsseldorf
Unter dem Motto „Liebe verbindet – Hass zerstört“ haben queere Menschen in Düsseldorf den Christopher Street Day gefeiert. Laut Polizei versammelten sich am Mittag etwa 7.300 Menschen zu dem Demonstrationszug, der am Graf-Adolf-Platz startete und sich durch die Innenstadt zur Rheinuferpromenade schlängelte.
Bei Temperaturen um die 30 Grad hatten viele Menschen regenbogenfarbene Fächer mitgebracht, einige auch Schirme in den bunten CSD-Farben. Mehr als 50 Gruppen hatten sich zu der Demo angemeldet. Darunter waren auch Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Parteien, der „Omas gegen Rechts“ und der schwul-lesbischen Karnevalsgesellschaft KG Regenbogen.
„Ihr seid alle gekommen, um Flagge zu zeigen, um Rückgrat zu zeigen!“, rief Mitorganisator Karl-Heinz Wahle den Demonstrantinnen und Demonstranten zu. Das Motto des CSD solle diesmal besonders auf die aktuelle politische Situation in Deutschland und der Welt Bezug nehmen.
Kölner CSD am ersten Juli-Wochenende
„Ja, es gibt immer mehr Menschen, die lieber hassen als lieben. Die lieber zerstören wollen als aufbauen“, sagte Wahle. Umso wichtiger sei es, dass die queere Gemeinschaft sichtbar sei und bleibe. Die Veranstalter wollen nach eigenen Worten auch mit Blick auf die anstehenden Kommunalwahlen für Toleranz und Akzeptanz einstehen.
In der Landeshauptstadt war zusätzlich zur Demo am Wochenende ein Straßenfest mit Bühnenprogramm angekündigt. Auch in Bielefeld wurde am Samstag der CSD gefeiert. Der Kölner CSD als deutschlandweit größte queere Parade findet in diesem Jahr am ersten Juli-Wochenende statt.
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