Chinesischer Tennis-Star Peng Shuai: USA verlangen Infos über Verbleib
Angeblich aktuelle Fotos der Sportlerin kursieren auf Twitter. Doch inzwischen ist ihr Verschwinden ein Thema auf internationaler politischer Ebene.
Die 35-jährige Tennisspielerin wurde seit Anfang November nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Zuvor hatte sie im Onlinedienst Weibo Vorwürfe gegen den ranghohen kommunistischen Parteifunktionär Zhang Gaoli erhoben. Dem heute über 70-jährigen Ex-Vize-Ministerpräsidenten warf sie vor, sie in der Vergangenheit zum Sex gezwungen zu haben. Peng und Zhang hatten über Jahre eine Beziehung mit vielen Unterbrechungen geführt.
Vor den USA hatte bereits das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte China aufgefordert, Belege für Pengs Aufenthaltsort zu liefern. Auch die französische Regierung äußerte sich besorgt um die Tennis-Spielerin.
Am späten Freitagabend tauchten auf Twitter plötzlich vier angebliche Fotos von Peng auf. Über den von Twitter mit der Markierung „verbunden mit chinesischen Staatsmedien“ versehenen Account @shen_shiwei wurden unter anderem ein Foto einer lächelnden Peng mit einer Katze auf dem Arm und ein Selfie des Stars mit einem Bild der Disney-Figur Pu der Bär im Hintergrund verbreitet. Pu der Bär gilt in China als heikles Motiv, das oftmals zensiert wird. Regierungskritiker nutzen die Disney-Figur, um über Staatschef Xi Jinping zu spotten, dem sie Ähnlichkeiten mit dem Bären nachsagen.
Der Inhaber des Twitter-Accounts @shen_shiwei schrieb, die Fotos von Peng stammten aus ihren privaten „Momenten“ aus dem Whatsapp-ähnlichen Dienst WeChat. Dort habe sie die Fotos mit einem Wochenend-Gruß an ihre Freunde versehen. Auf Nachfragen der Nachrichtenagentur AFP reagierte @shin_shiwei nicht.
Vor wenigen Tagen hatte der chinesische Staatssender CGTN auf Twitter den Screenshot einer angeblich von Peng verfassten E-Mail veröffentlicht. Darin heißt es, die Vorwürfe gegen Zhang seien „nicht wahr“. Sie befinde sich „zu Hause“ und alles sei „in Ordnung“. An der Echtheit der E-Mail gab es erhebliche Zweifel.
Novak Djokovic begrüßt erhöhten Druck
In der Affäre um Peng haben bereits mehrere internationale Tennis-Stars das Wort ergriffen, darunter Naomi Osaka und Serena Williams. Der Weltranglisten-Erste im Männertennis, Novak Djokovic, hat es begrüßt, dass die Spielerinnen-Organisation WTA im Fall der verschwundenen Peng Shuai den Druck auf China erhöht hat.
WTA-Chef Steve Simon drohte mit dem kompletten Rückzug der Damen-Tennistour aus China, falls die Führung in Peking nicht Licht ins Dunkel bringt. „Ich unterstütze die Stellungnahme der WTA als Organisation und auch ihren Präsident völlig“, sagte der 34 Jahre alte Serbe bei den ATP Finals in Turin. Es wäre „ein bisschen merkwürdig“, sagte Djokovic, wenn die Situation nicht gelöst sei und man Turniere in China austrage.
WTA-Chef Steve Simon hatte zuvor in einem CNN-Interview gesagt: „Wir sind definitiv dazu bereit, unsere Aktivitäten zu beenden, mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt.“ China gilt als wichtiger Standort vor allem für das Damen-Tennis. 2018 wurde das Saisonabschluss-Turnier der besten acht Spielerinnen des Jahres von 2019 bis 2028 an die chinesische Stadt Shenzhen vergeben und das Preisgeld von 7 Millionen US-Dollar auf 14 Millionen verdoppelt. Wegen der Coronavirus-Pandemie konnte in den vergangenen beiden Jahren allerdings nicht in China gespielt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative