Chinesischer Staatschef über Tibet-Unruhen: Hu Jintao fürchtet um Chinas Einheit
Laut Chinas Staats- und Parteichef hat der Tibet-Konflikt nichts mit Menschenrechten, ethnischen oder religiösen Fragen zu tun, sondern allein mit nationaler Souveränität.
BERLIN taz Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao hat am Samstag erstmals zu den Unruhen in Tibet Stellung genommen. In dem Konflikt gehe es allein um die Frage von Chinas nationaler Souveränität, sagte Hu am Rande des Boao-Wirtschaftsforums auf der südchinesischen Insel Hainan zu Australiens Premierminister Kevin Rudd, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.
"Unser Konflikt mit der Dalai-Clique ist weder ein ethnisches noch ein religiöses Problem oder Menschenrechtsproblem. Es ist ein Problem, bei dem es darum geht, entweder die nationale Einheit zu sichern oder das Vaterland zu spalten", sagte Hu laut Xinhua. Tibet sei eine interne Angelegenheit Chinas. Chinas mächtigster Politiker, der 1989 als KP-Chef für Tibet dort nach Unruhen das Kriegsrecht verhängen ließ, blieb damit in Wortwahl und Argumentation ganz auf Linie der bisherigen offiziellen Verlautbarungen. Hu wiederholte Chinas Bereitschaft, mit dem Dalai Lama zu sprechen, wenn dieser nicht mehr Tibets Unabhängigkeit fordere, der Gewalt abschwöre und aufhöre, die Olympischen Spiele in Peking zu sabotieren.
Der Dalai Lama erklärte wiederholt, er wolle nur größere kulturelle Autonomie. Er begrüße die Spiele in Peking und verurteile Gewalt. Die Aufgabe der Unabhängigkeitsforderung durch ihr spirituelles Oberhaupt lehnen viele Tibeter ab. Einige meinen auch, Gewaltfreiheit habe ihnen nichts gebracht.
Vor 50.000 Menschen rief der Dalai Lama im amerikanischen Seattle dazu auf, das 21. Jahrhundert zu einem Jahrhundert des Dialogs zu machen. "Das Konzept der Gewaltfreiheit ist nicht nur die Abwesenheit von Gewalt", sagte der Friedensnobelpreisträger laut AP. "Gewaltfreiheit bedeutet, die Probleme entschlossen und mit einer Vision anzugehen." Dialog und Respekt seien die Mittel für eine Umwandlung von Feinden zu Freunden. Fragen zu den Unruhen wich er aus.
Nach chinesischen Angaben wurden neun tibetische Mönche verhaftet, die einen Anschlag auf ein Regierungsgebäude verübt haben sollen. Laut Agentur Xinhua, die den Fall erst Sonntag meldete, hätten die Mönche bereits am 23. März eine Bombe im Verwaltungsgebäude der Stadt Gynabe zur Explosion gebracht. Die Täter seien am 6. April verhaftet worden und hätten die Tat gestanden. Chinas Behörden versuchten in letzter Zeit mehrfach, Tibeter mit unbewiesenen terroristischen Aktivitäten in Verbindung zu bringen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will den Dalai Lama wieder treffen, sagte sie der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Ein Treffen im September hatte zur diplomatischen Krise mit Peking geführt. Der Tibeter kommt im Mai nach Deutschland, wenn Merkel in Lateinamerika ist. Bundestagspräsident Norbert Lammert, der ihn dann empfangen will, wird laut Spiegel bereits von China zur Absage gedrängt.
Die olympische Fackel traf am Samstag im afrikanischen Tansania ein. In Argentinien war der Fackellauf in Buenos Aires am Freitag ohne Zwischenfälle verlaufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!