piwik no script img

Chinas vergebliche Tibet-PREin Akt des Ungehorsams

Mit einer organisierten Pressereise wollte die chinesische Regierung der Welt zeigen, dass in Tibet alles seine Ordnung hat. Doch buddhistische Mönche störten die Idylle.

Legen den Finger in Chinas Wunde: Protestierende Exiltibeter in Nepal. Bild: dpa

PEKING taz Einen mutigen Akt des Ungehorsams erlebte eine Gruppe internationaler Journalisten im Jokhang-Tempel von Lhasa: Während offizielle Vertreter ihnen einen Vortrag darüber hielten, dass Tibet untrennbarer Teil von China und der Tempel ein Symbol der alten tibetisch-chinesischen Freundschaft sei, umringten plötzlich mehr als 30 Mönche die Reporter.

"Sie riefen zuerst etwas auf Tibetisch und dann auf Chinesisch: Man belügt euch, glaubt ihnen nicht!", berichtete einer der Korrespondenten. "Das war ein ziemliches Durcheinander, direkt innerhalb eines Hofes in der Nähe der heiligsten Räume des Tempels." Als die chinesischen Begleiter die Journalisten fortziehen wollten, riefen die Mönche ihnen zu, sie hätten "keine Freiheit": Viele von ihnen seien festgenommen worden, seit den Unruhen vom 14. März habe man ihnen verboten, den Tempel zu verlassen.

Damit geriet ein sorgsam organisierter Blitzbesuch, mit dem Chinas Behörden auf die Kritik an ihrem Verbot ausländischer Berichterstattung aus Tibet reagiert hatten, aus dem Takt: Am Mittwoch war es erstmals wieder einer Gruppe von zwei Dutzend ausgewählten Journalisten gestattet worden, nach Tibet zu reisen. Darunter sind vor allem amerikanische und asiatische Presse- und Kameraleute. Deutschsprachige Korrespondenten waren nicht zugelassen. Die Gruppe ist in einem staatlichen Hotel im überwiegend von Han-Chinesen bewohnten Westteil Lhasas untergebracht. Sie wurde ermahnt, aus "Sicherheitsgründen" zusammenzubleiben. In den Straßen hingen Transparente, die "Separatisten" verurteilten und Chinas Einheit beschworen. In der mehrheitlich von Tibetern bewohnten Altstadt kontrollierten Polizisten in Uniform und Zivil die Passanten.

Vor dem Besuch des Jokhang-Tempels in der Altstadt stand eine Klinik auf dem Programm, die bei den Unruhen am 14. März attackiert worden war, und ein ausgebranntes Kleidergeschäft, in dem fünf Frauen ums Leben kamen. Anfänglich friedliche Proteste waren in Gewalt umgeschlagen. Gruppen von Tibetern hatten chinesische Zuwanderer aus anderen Provinzen und Angehörige der muslimischen Hui-Minderheit angegriffen.

Der Dalai Lama habe mit der Gewalt "nichts zu tun" gehabt, betonten nun die Mönche. Ihnen sei bewusst, dass sie mit ihrem Auftreten vor der Presse harte Strafen riskierten. Ein chinesischer Begleiter der Journalisten versuchte den Vorfall herunterzuspielen: Bei solchen Besuchen würden die Mönche "immer lügen". Nach dem Zwischenfall wurde der Jokhang von der Polizei abgesperrt. Die Journalisten durfte heikle Orte wie das Ramoche-Kloster, an dem die Proteste begonnen hatten, nicht besuchen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!