China hebt die Leitzinsen an: Billiges Geld macht Lebensmittel teuer
Die Dürre heizt die Inflation an, die Preise für Lebensmittel in China steigen rapide. Um dies zu verhindern, hebt die Regierung zum dritten Mal die Leitzinsen an.

PEKING taz | Die Dürre in China treibt die Inflation an und bedroht die politische Stabilität: Noch ist unklar, ob die Weizenernte für dieses Jahres zu retten ist. Viele Chinesen fürchten, dass die Lebensmittelpreise noch schneller nach oben schießen werden als bisher. Denn für den Januar erwarten Ökonomen, dass Konsumgüter um 5,4 Prozent teurer werden als im Vorjahr, bei Getreide, Fleisch und anderer Nahrung steigen die Preise noch kräftiger. Premierminister Wen Jiabao hat daher zum Neujahr erklärt, der Kampf gegen zu hohe Preise sei derzeit seine wichtigste Aufgabe.
Die Regierung fürchtet soziale Unruhen, wenn sich die Geldbeutel der Bürger zu schnell leeren. Um die Inflation zu dämpfen, hat Chinas Zentralbank in dieser Woche die Leitzinsen für Kredite erhöht - zum dritten Mal seit dem vergangenen Herbst.
Künftig müssen die Banken auf Einlagen mit einjähriger Laufzeit 3 Prozent Zinsen zahlen, bislang waren es 2,75 Prozent. Der neue Satz liegt aber immer noch unter der Inflationsrate. Wer für denselben Zeitraum einen Kredit aufnimmt, muss 6,06 Prozent Zinsen zahlen (statt 5,81 Prozent).
Die Regierung versucht gleichzeitig, die enormen Geldmengen zu reduzieren, die in China im Umlauf sind. Sie fürchtet, die Wirtschaft könne sich überhitzen, denn das Bruttoinlandsprodukt wuchs im vierten Quartal 2010 mit 9,8 Prozent deutlich stärker als geplant. Dies ist auch eine Folge des staatlichen Konjunkturpakets von rund 460 Milliarden Euro und der Politik des billigen Geldes.
Nach einem Bericht der angesehenen Finanzzeitschrift Caixin verliehen Chinas Geldhäuser im Jahr 2010 etwa 880 Milliarden Euro (7,95 Billionen Yuan). Die Regierung will die Summe 2011 auf etwa 665 Milliarden Euro (6 Billionen Yuan) begrenzen. Einige Bankfilialen haben daraufhin ihre Kreditschalter geschlossen. Andere weigerten sich, neue Hypothekenverträge zu bearbeiten.
Mit diesem Geld bläht sich derzeit eine Immobilienblase auf. Der Grund: Viele Firmen, Behörden und reiche Privatleute modernisierten mit dem geliehenen Geld nicht nur Fabriken oder Geschäftsgebäude. Sie zweigten auch einen Teil der Kredite ab und kauften davon städtische Apartmentblocks, die schnellere Rendite versprachen. Das trieb die Preise in enorme Höhen. Die Quadratmeterpreise entstehen in der Regel nicht auf der Basis von möglichen Mieteinnahmen, sondern vom erwarteten Wiederverkaufswert.
Die Folge: In Chinas Städten stehen allerorts Wohnsiedlungen leer, weil sie niemand vermietet. Zugleich wissen viele Chinesen nicht, wie sie die hohen Preise für ein eigenes Heim bezahlen sollen. Das schafft böses Blut.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!