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China boykottiert KlimaschutzabgabeWeltklima ist zu "teuer"

Peking verweigert die Teilnahme am Emissionshandel. Die Airlines wurden angewiesen, erstmal nicht zu zahlen. Doch die EU will nicht zurückweichen.

Emissionshandel: Die Airlines erhalten bereits 80 Prozent der Verschmutzungsrechte kostenlos. China will allerdings den Rest auch nicht zahlen. Bild: dpa

BERLIN taz | China lässt die Muskeln spielen: Das asiatische Land verbietet seinen Fluggesellschaften, am europäischen Handel mit Zertifikaten für den Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid (CO2) teilzunehmen. Das gab die Regierung in Peking am Montag bekannt. Staatliche Medien hatten zuvor berichtet, die Regierung wolle gegen den EU-Emissionshandel vorgehen. Dabei wurde bereits vor einem "Handelskrieg" gewarnt. Auch die USA, Russland, Indien und weitere Staaten sind gegen die Einbeziehung ihrer Fluglinien in das Emissionshandelssystem.

Seit diesem Jahr müssen Fluggesellschaften, die auf Flughäfen in der Europäischen Union starten oder landen wollen, Emissionszertifikate kaufen - eine Art europäische Gebühr dafür, dass der Luftverkehr - mit stark steigender Tendenz - das Klima belastet. Einen Großteil der Zertifikate gibt es allerdings gratis, lediglich 15 Prozent des vom Luftverkehr verursachten Gesamtvolumens werden versteigert. Die tatsächliche "Gebühr" für die Fluggesellschaften, die diese auf die Ticketpreise umlegen kann, richtet sich also danach, wann und zu welchem Preis die Unternehmen die CO2-Verschmutzungszertifikate erwerben. Kurzstreckenflüge dürften demnach um nur wenige Euro teurer werden, Langstreckenflüge um bis zu 40 Euro - wenn die Fluggesellschaften es am Markt durchsetzen können, die Kosten an die Passagiere weiterzugeben.

"Wir werden nicht zurückweichen", reagierte der Sprecher von EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard. "Natürlich bleibt die EU-Kommission zuversichtlich, dass die chinesischen Airlines der Gesetzgebung Folge leisten." Zuletzt könne Brüssel aber auch Strafen verhängen: "Es wird für jede Fluggesellschaft viel teurer sein, sich nicht zu fügen", so Hedegaard. Für jede Tonne Kohlendioxid, die ein Flugzeug ausstößt, ohne dafür ein Zertifikat vorzuweisen, sind 100 Euro Strafe fällig.

Die Grünen im Europaparlament kritisierten die Haltung der chinesischen Regierung scharf. Das Vorgehen sei "ein Affront gegen die internationalen Bemühungen zum Klimaschutz", sagte der Verkehrsexperte Michael Cramer. Trotz einer Verdoppelung der Flugverkehrsemissionen seit 1990 weigerten sich die chinesischen Behörden zunächst, einen weltweiten Ansatz mitzutragen. "Nun versuchen sie auch noch, das dadurch unvermeidlich gewordene Vorangehen der EU in diesem Bereich zu verhindern." Zudem würden rechtsstaatliche Prinzipien missachtet. Der Europäische Gerichtshof habe entschieden, dass die Einbeziehung des Luftverkehrs in das Emissionshandelssystem mit internationalem Recht vereinbar sei.

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15 Kommentare

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  • EA
    Enzo Aduro

    Der Punkt mit dem China probleme hat, ist das die Emissionenszertifikate nach dem Ausstoß der Vergangenheit verschenkt werden. Also müssen allen ernstes die wachsenden Chinesischen Airlines Zertifikate von ihren schrumpfenden europäischen Konkurrenten abkaufen. Klar das die demonstrieren.

     

    Das ganze ist nur oberflächlich Klimapolitik. Unter der Decke ist es eine Subvention für Lufthansa, Air France und Co.

  • S
    spacen

    Und können wir nicht einfach den Einflug verweigern, bis sie zahlen?

     

    Wozu die ganzen Diskussionen? Wenn ich in den Schwimmbad will, muss ich auch Eintritt zahlen. Sollte mir meine Mama verbieten, den Eintritt zu bezahlen, so bleibe ich eben draußen. So einfach ist das, oder nicht?

  • S
    spacen

    Und können wir nicht einfach den Einflug verweigern, bis sie zahlen?

     

    Wozu die ganzen Diskussionen? Wenn ich in den Schwimmbad will, muss ich auch Eintritt zahlen. Sollte mir meine Mama verbieten, den Eintritt zu bezahlen, so bleibe ich eben draußen. So einfach ist das, oder nicht?

  • W
    Waage

    @menschenfreund

     

    ich habe @Herbert so verstanden, dass jeder vor der eigenen Türe fegen sollte. Ich finde das als Aussage o.k.

     

    Auch ich meine, wir sollte erst mal den eigenen Recourcenverbrauch (und damit auch unsere Emissionen) pro Kopf in den Griff bekommen, bevor wir anderen Ländern Vorschriften zu machen versuchen die heute noch einen Bruchteil unseres eigenen Rohstoff/Energieverbrauchs haben.

     

    Wahrscheinlich siehst du das sogar ähnlich und hast nur @Herberts pointierte Aussage in den falschen Hals gekriegt.

     

    @Herbert hat auch nix davon gesagt, dass die Chinesen/Chinesinnen jede Umweltsauerrei nachmachen sollen, die wir verzapft haben - da interpretierst du was rein!

     

     

    Nochmal zum Thema (es kann gar nicht oft genug gesagt werden):

     

    Die Zertifikatsvergabe und der Emissionshandel in der heutigen Form sind NONSENS.

     

    Kein NONSENS wäre es für einen durchschnittlichen Mitteleuropäer zumindest nicht jeden Winter auf die Kanaren zu jetten...

    Wer es (vor allem aus alternativen Kreisen) dennoch macht sollte sich nicht beschweren wenn der Rest der Menschheit das auch will.

     

    Und ganz zum Schluss: die Fixierung auf die CO2 Problematik ist ebenfalls NONSENS.

    Nicht weil es diese nicht gäbe, aber der Ansatz der "Ressourcengerechtigkeit" ist in der "ökologischen (sozialen!) Frage" wesentlich umfassender und tragfähiger.

  • M
    menschenfreund

    Es schreibt:06.02.2012 09:48 Uhr

    von Herbert:

    Wenn man in die Vergangenheit schaut, und sogar jetzt noch den pro Kopf CO2 Ausstoß Chinas betrachtet und mit dem Europas oder den USA vergleicht, haben sie alles recht der Welt die Luft weiter zu verpesten.

     

    Ein Beitrag, der von höchster Intelligenz und außerordentlichem Wissen zeugt.

    1. Sicherlich ist in den entwickelten Ländern teils aus Unwissnheit und teils aus Kalkül viel Verschmutzung der Umwelt erfolgt.

    Ich z.B. habe noch vernommen wie man mit Stolz verkündete: "Die Schornsteine rauchen wieder!"

    Daswar mit Sicherheit nicht wider besseren Wissens.

    2. Diese Versäumnisse sollen jetzt berechtigen, alte Fehler erneut - und diesmal sogar verstärkt - ausdrücklich zu erlauben, wo uns das Wasser bis zum Hals steht. Mit Verlaub, wie krank ist das denn?

    3. Zumindest die EU versucht, diese Versäumnisse abzustellen. In den USA dagegen ist Umweltschutz zweitrangig.

    4. Wenn wir unseren Nachkommen eine halbwegs intakte Welt hinterlassen wollen, ist es höchste Zeit, daß alle miteinander ihr Bestes Geben.

  • GG
    Gerda Gübel

    Das Weltklima ist zu teuer? Was kostet denn ein Pfund Klima so ungefähr?

  • FH
    Frieda H.

    Ich finde das sehr vernünftig, was die Chinesen machen. Ich bin auch nicht bereit, Geld für's Klima auszugeben. Was interessiert mich, was in 100 Jahren ist?

     

    Keiner der bisher lebenden Menschen hat sich um die Nachkommen gekümmert, warum sollten wir damit anfangen? In ein paar Milliarden Jahren, wenn das Universum erkaltet ist, spielt das eh keine Rolle. Also, was soll's...

  • M
    maoam

    @"menschenfreund",

     

    wieso habe ich nur das ungute Gefühl, dass du Menschenleben, genommen von den "Westmächten" (weißt schon, freiheitlich demokratische Musterstaaten mit Vorbildcharakter für die ganze Welt (USA zum Bsp.)) irgendwie einen niederen Stellenwert zuteilst, als wie wenn unrecht in Staaten geschieht, die sich einfach NICHT dem westlichen System zuordnen (freiheitliche Demokratie, Meinungs-und Pressefreiheit), und daher von der westlichen Freiheitspropaganda als Menschenfresser gebrandmarkt werden. Teilweise auch durch TAZ-Autoren.

     

     

    "Weil der Mensch ein Mensch ist,

    'drum braucht er was zu Fressen bitte sehr,

    es macht ihn ein Geschwätz nicht satt,

    das schafft kein Fressen her"

     

     

    Was bringt mir die Meinungsfreiheit, wenn ich dadurch Nachteile erfahre?

  • XZ
    Xie Zeren

    Chinesische Sprache - schwere Sprache.

    Nicht das Retten des Weltklimas ist zu teuer, sondern die Klimaschutzabgabe im Verhältnis zum Nutzen. so lese ich den Standpunbkt. Interessant auch, daß neben China Indien, Russland UND die USA die Abgabe ablehnen. Sind die nun ebenso in Ihren Augen (menschenfreund) "absolut kompromisslos, wenn es um ihre eigenen macht- und wirtschaftspolitischen Interessen geht"? Ich lehne solche Schuldzuweisungen ab und sehe auch die Amerikaner mittlerweile als Gefangenen ihrer eigenen Ideologie. Welcher mächtige Staat der Erde verzichtet von sich aus auf machtpolitische Vorgaben und geht wirklich uneigennützigen Schrittes voran. die EU mit ihren massiven Agrarsubventionen vielleicht? Wollen Sie auch auf amerikanische, russische und indische Produkte verzichten? Oder suchen Sie (Stefan Räbiger)nur einen Sündenbock für die Schlechtigkeiten in dieser Welt und meinen diesen nun in den Chinesen gefunden zu haben? Bei der Informationspolitik in den OECD-Medien ist Ihnen das allerdings auch leicht gemacht.

  • UH
    Udo Henn

    China hat recht, sich nicht an diesem unsinnigen Emissionsgeschaeft zu beteiligen. Damit kann man das Weltklima nicht beeinflussen, und dazu besteht auch gar keine Veranlassung.

  • W
    Waage

    Der Emissionshandel in seiner heutigen Form ist eh kontraproduktiv.

    Finde ich gut, dass die Chinesen/Chinesinnen diesen bürokratischen Unfug sabotieren.

     

    Wenn schon dann sollte die Zertifikatsvergabe z.B. an den erfolgreichen Ausbau und die Netzintegration (incl. Speichermöglichkeiten) der EE geknüpft werden.

     

    Im Übrigen schließe ich mich @Herbert an.

  • RS
    Reinhold Schramm

    Chinas kapital-ökologische Umweltvernichtung des Pseudo-"Sozialismus chinesischer Prägung" außer Kontrolle!

     

    Die Umweltschäden kosteten nach einem soeben veröffentlichten Bericht der Chinesischen Akademie für den Umweltschutz nur im Jahr 2009 rund 222 Milliarden US-Dollar bzw. mehr als 154 Milliarden Euro. - Gegenüber dem Jahr 2008 entspricht dies einen Anstieg um 9,2 Prozent.

     

    Laut den offiziellen Angaben der Chinesischen Akademie für Umweltschutzplanung kann China pro Tonne einer Ressource im Durchschnitt nur zwischen 320 und 350 Dollar Gewinn schöpfen - Tendenz sinkend. - Dieser Betrag liegt in den entwickelten kapitalistischen Staaten zwischen 2.500 und 3.500 Dollar pro Tonne Ressource.

     

    Fazit: "Das heißt, um den gleichen Wert zu schöpfen, verbrauchen wir rund zehn Mal mehr Energie als die entwickelten Länder."

     

    Die meisten chinesischen Lokalregierungen haben der wirtschaftlichen Entwicklung die oberste Priorität eingeräumt und so werden die Bevölkerungen eine Geisel der hochverschmutzenden Industriezweige. - Die Lokalregierungen fördern die unkontrollierte Wirtschaft, indem sie auf Kosten der Umwelt und Gesundheit aus dem In- und Ausland Investitionen anzuziehen versuchen.

  • SR
    Stefan Räbiger

    Don't fly with chinese airlines and don't buy chinese products!

    Ganz einfach alles was aus China kommt ignorieren, aber bitte nicht die Menschen, sondern nur Produkte und Leistungen. Bis sich dieser verlogene Staatsapparat geändert hat.

  • M
    menschenfreund

    Man muß es nicht unbedingt an diesem Thema fest machen, man kann es aber: China und auch Rußland sind im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung und dem Ausland absolut kompromißlos, wenn es um ihre eigenen macht- und wirtschaftspolitischen Interessen geht. So einige Tausend Opfer in Syrien interessieren da ebenso wenig wie Tote in Tibet oder im Kaukasus.

  • H
    Herbert

    Wenn man in die Vergangenheit schaut, und sogar jetzt noch den pro Kopf CO2 Ausstoß Chinas betrachtet und mit dem Europas oder den USA vergleicht, haben sie alles recht der Welt die Luft weiter zu verpesten. Wenn EU und USA sich jetzt als Klimaschützer aufspielen ist das einfach nur lächerlich. Wir haben die ganze Katastrophe doch verursacht. dann sollten wir auch selbst dafür zahlen und das nicht den Chinesen aufbrummen.