China auf dem Weg zur Weltraumstation: Götterschiff zum Himmelspalast
Mit dem Start des unbemannten Raumschiffs "Shenzhou 8" kommt China der eigenen Raumstation einen Schritt näher. Mit an Bord ist auch deutsche Forschungstechnik.
PEKING taz | Eine eigene Weltraumstation, in der chinesische Wissenschaftler und Ingenieure künftig aus eigener Kraft das All erforschen: Diesem Traum hoffen Chinas Politiker und Militärs mit dem geglückten Start eines unbemannten Raumschiffs ein gutes Stück näher zu kommen.
Am Dienstag noch vor dem Morgengrauen, um 5.58 Uhr Ortszeit, brachte eine Trägerrakete vom Typ Langer Marsch die "Shenzhou 8" (übersetzt: "Götterschiff 8") vom Wüsten-Raumfahrtbahnhof Jiuquan weit im Westen Chinas in die Umlaufbahn. Seine Aufgabe: Innerhalb von zwei Tagen soll das neue "Götterschiff" an einen anderen unbemannten chinesischen Flugkörper andocken, nämlich das 10,5 Meter lange Weltraummodul "Himmelspalast 1", das rund 340 Kilometer über der Erde unterwegs ist.
Die bevorstehende Ankoppelung ist ein besonders schwieriges Manöver. Sollte es klappen, wäre eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Entwicklung einer bemannten chinesischen Raumstation gemeistert, die im Jahr 2020 oder 2022 das erste Mal angeflogen werden soll. Im kommenden Jahr soll das Experiment zweimal wiederholt werden – in einem Fall mit zwei oder drei Astronauten an Board. Mindestens eine davon soll eine Frau sein.
Unter den Fachleuten, die gestern beim Start in der Wüste Gobi zuschauten, befanden sich auch deutsche Wissenschaftler wie der Forschungsleiter des deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Peter Preu. Der Grund: Während des 17-tägigen Fluges der "Shenzhou 8" werden in einem aus Deutschland stammenden Forschungsapparat an Bord die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf verschiedene Organismen untersucht, darunter Pflanzen, Krebszellen und Bakterien.
Erste internationale Raumfahrtkooperation Chinas
Entwickelt wurde die "Simbox" von der EADS-Unternehmenstochter EADS Astrium. Ein gutes halbes Dutzend Hochschulen sind an dem Projekt beteiligt. Es ist das erste Mal, dass die Volksrepublik bei der Raumfahrt mit einem anderen Staat zusammenarbeitet. Am 17. November soll die "Shenzhou 8" in der Inneren Mongolei wieder zu Boden gehen.
Das chinesische Raumfahrtprogramm untersteht dem Militär. Es gehört zu den großen und teuren Projekten, die China nicht nur auf dem zivilen Sektor, sondern auch militärisch an die Weltspitze bringen sollen. Nach der einstigen Sowjetunion und den USA war die Volksrepublik das dritte Land, das seine Astronauten mit eigenen Weltraumkapseln in den Orbit schoss – wenn auch vier Jahrzehnte später.
China begann 1990 mit seinem Programm zur bemannten Raumfahrt, der erste bemannter Flug fand 2003 statt, als der Astronaut Yang Wei die Erde 14-mal umrundete. Im Olympiajahr 2008 gelang es seinen Kollegen, sich während des Fluges außerhalb der Raumkapsel zu bewegen. Im kommenden Jahr soll erstmals ein unbemannter chinesischer Flugkörper auf dem Mond landen.
Der Plan zu einer eigenen Weltraumstation entstand, als sich vor allem US-Amerikaner und Russen weigerten, China bei der von 16 Nationen gemeinsam betriebenen International Space Station (ISS) mitmachen zu lassen, die seit dem Jahr 2000 kontinuierlich und mit wechselnden Besatzungen durch das All fliegt. Die künftige chinesische Version der Raumstation ist mit einem geplanten Gewicht von 60 Tonnen deutlich zierlicher als die ISS, die 400 Tonnen wiegt und voraussichtlich bis spätestens 2028 in Betrieb bleiben soll.
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