: Chiles Politarithmetik
■ Fall Honecker stellt Koalition vor Zerreißprobe
Frankfurt (ap) — Die Forderung der deutschen und russischen Regierung nach Überstellung des ehemaligen DDR-Staats- und Parteichefs Erich Honecker bringt die Koalitionsregierung in Chile in Schwierigkeiten. Die aus acht Parteien bestehende Koalition der sogenannten „Konzertierten Aktion für die Demokratie“ hat im Parlament zwar eine klare Mehrheit, ist in ihrer Zusammensetzung jedoch politisch zerbrechlich.
Schlüsselfigur im Fall Honecker ist Außenminister Enrique Silva, der zugleich Parteiführer der sozialdemokratischen Radikalen Partei ist. Silva ist Vorgesetzter des chilenischen Botschafters in Moskau, Clodomiro Almeyda, der Honecker Zuflucht gewährt hat. Almeyda, ehemals Außenminister der Regierung Allende, führt die nach ihm benannte Sozialistische Almeyda-Partei (PSA) an. Das eventuelle Ausscheiden der PSA aus der Regierungskoalition könnte diese zwar nicht der parlamentarischen Mehrheit berauben. Doch ist die linke PPD, zweitstärkste Koalitionspartei, ideologisch eng mit der PSA verwandt und im Gegensatz zu dieser unverzichtbarer Bestandteil des Regierungsbündnisses. Würde die PPD aus Solidarität mit Almeyda und der PSA ihr Verbleiben in der Regierung in Frage stellen, stünde Präsident Aylwin vor einer kaum lösbaren Situation.
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