Chile und seine Vergangenheit: Aus "Diktatur" wird "Regime"
Pinochets Herrschaft wurde in Schulbüchern bislang als "Diktatur" bezeichnet. Die Entscheidung, sie nun "Regime" zu nennen sei keineswegs politisch, betont der Bildungsminister.
SANTIAGO DE CHILE afp | Die Herrschaft des chilenischen Generals Augusto Pinochet wird in den Schulbüchern des Landes künftig nicht mehr als "Militärdiktatur", sondern als "Militärregime" bezeichnet. Das bestätigte der Bildungsminister des Landes, Harald Beyer, am Mittwoch dem Radiosender Cooperativa. Es handle sich dabei keineswegs um eine politische Entscheidung, beteuerte der Minister. Militärregime sei lediglich der "allgemeinere Begriff".
"Das hat nichts mit Anhängern oder Gegnern (Pinochets) zu tun", sagte Beyer. "Es geht darum, den gleichen Begriff zu verwenden wie an anderen Schulen in der ganzen Welt auch." Er selber habe "kein Problem" damit, die von 1973 bis 1990 währende Herrschaft Pinochets als Diktatur zu bezeichnen, sagte der Minister.
Die Entscheidung, die Begriffe in den Geschichts- und Sprachenbüchern für Schüler im Alter zwischen neun und 13 Jahren auszutauschen, traf der nationale Bildungsrat bereits im Dezember. Sie wurde aber erst am Mittwoch bekannt, als die Internetseite El Dinamo darüber berichtete.
Pinochet regierte Chile nach einem Militärputsch gegen den demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende mit harter Hand. Während seiner Herrschaft wurden mehr als 3000 Menschen ermordet oder verschwanden spurlos, 37.000 Menschen wurden gefoltert oder illegal inhaftiert.
Mit dem Wahlsieg Sebastián Piñeras bei der Präsidentschaftswahl im Januar 2010 hat Chile erstmals seit dem Ende der Ära Pinochet einen rechtsgerichteten Präsidenten. Dieser stützt sich unter anderem auf die Unabhängige Demokratische Union (UDI), die einstige politische Basis Pinochets.
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