Chefredakteur des „Neues Deutschland“: Tom Strohschneider geht
Der Chefredakteur des „Neuen Deutschland“, Tom Strohschneider, gibt aus persönlichen Gründen seinen Posten ab.
Strohschneider nannte für seine Entscheidung persönliche Gründe. So berichten es ND-Mitarbeiter aus der Versammlung. Gegenüber der taz wollte sich Strohschneider dazu nicht weiter äußern.
Ihm folgt Wolfgang Hübner, der seit 2005 stellvertretender Chefredakteur war. Er soll die Zeitung aber nur vorübergehend leiten. Mittelfristig suche man nach jemand Jüngeren für diese Position, sagte Hübner der taz.
In der Redaktion bedauert man Strohschneiders Entscheidung. „Traurig“ sei das, heißt es von einem Mitglied. Strohschneider gilt als kluger, analytischer Schreiber und als „Chefredakteur der Herzen“.
Rapider Auflagenverlust
Dennoch gelang es auch ihm nicht, den Sturz des Neuen Deutschland zu stoppen. Die Auflage des Blattes sinkt rapide: Von einer Million vor der Wende auf zuletzt knapp 24.000 Exemplare im Abo und Einzelverkauf. Damit verliert das Blatt schneller als viele andere Tageszeitungen. Wohl auch, weil seine Lesergruppe – männlich, ostdeutsch, Rentenalter – dem Blatt wegstirbt.
Strohschneider übernahm die Verantwortung für die desolate wirtschaftliche Lage und verzichtete in den vergangenen Monaten auf sein Gehalt, heißt es aus der Redaktion.
Tom Strohschneider ist ein Gewächs des Neuen Deutschland: Im Jahr 2000 volontierte er dort, wurde Inlandsredakteur und anschließend stellvertretender Ressortleiter. Als Vorsitzender des Betriebsrats beschäftigte sich der gebürtige Ostberliner kritisch mit der Geschichte des Blattes, das zu DDR-Zeiten Zentralorgan der SED gewesen war.
2008 ging er zur Wochenzeitung Der Freitag und arbeitete anschließend für ein halbes Jahr in der Meinungsredaktion der taz. 2012 kehrte er als Chefredakteur zum Neuen Deutschland zurück. Er war seit der Wende der erste Ostdeutsche an der Spitze des Blattes.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern