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Chefin der Kerntechnischen GesellschaftDie neue Frau der Atomlobby

Die Kerntechnische Gesellschaft (KTG) hat eine Frau zur Vorsitzenden gewählt. Astrid Petersen, 43 Jahre alt, gibt sich frech und frei Schnauze.

Chefin der Kerntechnischen Gesellschaft: Astrid Petersen. Bild: KTG

Vertreter der Atomindustrie, das sind Typen wie der Hüne Jürgen Großmann, RWE-Vorsitzender, in der Wirkung kompromisslos, die Basta-Fraktion. Oder einer wie Eon-Chef Johannes Teyssen, rhetorisch gewandt, ein Verkäufer. Vor allem sind es immer Männer.

Jetzt hat die Kerntechnische Gesellschaft (KTG) eine Frau zur Vorsitzenden gewählt: Astrid Petersen, 43 Jahre alt, eine Art Lena Meyer-Landrut der Atomtechnik, so frech und frei Schnauze, wie sie sich gibt. Mit der Physikerin aus Essen dürfte der Atomlobby eine echte Kämpferin in ihrem Sinne erwachsen sein, ein neues, frisches Gesicht - in Ergänzung vor allem zu Ralf Güldner, dem Präsidenten des Deutschen Atomforums, der seit Fukushima ziemlich steif durch die Medienrepublik stakst.

Die KTG ist eng verwoben mit dem Atomforum, der Lobbyorganisation der Betreiber der deutschen AKWs. Die Mitglieder, Wissenschaftler und Ingenieure, setzen sich laut Satzung für eine friedliche Nutzung der Atomenergie ein. "Das erfordert Ausdauer. Eben einen Arsch in der Hose", sagte Petersen auf der Jahrestagung Kerntechnik, auf der sie diese Woche zur Vorsitzenden gewählt wurde. Bereits während ihres Studiums trat sie in die KTG ein, arbeitete seit 1998 erst in der damaligen Atomkraftwerkssparte von Siemens, dann in der Gesellschaft für Nuklear-Service.

In ihrer Antrittsrede forderte sie ein "verstärktes Engagement derjenigen, die diese Technik verstehen", und forderte eine "sachliche, fundierte, ideologiefreie Debatte". Der Kanzlerin warf sie ein "Kernenergie-Wendehalsmanöver vor", das "Anti-AKW-Echo der Medien dürften viele nicht für die Wahrheit gehalten haben". Deutsche Fundis seien so aktiv, dass ihre Meinung mit der Meinung der Deutschen verwechselt würde.

Die Ingenieure hierzulande seien die besten, die Japaner hätten ein großes Defizit in ihrer Sicherheitskultur. Gegner der Atomkraft scheinen aus ihrer Sicht zutiefst irrational zu sein, den Kampf gegen einen Ausstieg gibt sie nicht auf. Beides verpackte sie in eine Metapher am Ende der Rede: "Die Erde wäre immer noch eine Scheibe, wenn es nach den damals politisch Verantwortlichen gegangen wäre." Den Satz wiederholte sie dreimal.

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13 Kommentare

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  • K
    Karla

    Es ist schon nicht mehr hinnehmbar, wie die Rolle der Frau missbraucht wird. In den letzten Tagen haben sich diese Fälle gehäuft, da wird eine Polizistin missbraucht, um eine Hartz4 Empfängerin ins Jenseits zu befördern. Die Atomlobby schiebt eine Frau vor, um mit aller Macht und ohne Rücksicht auf Verluste die Atomindustrie zum Schaden der Menschheit am Leben zu erhalten. Der Spiegel schickt Gisela Friedrichsen an die Front, um den Frauenschänder Kachelmann reinzuwaschen. So ist die Frauenquote gewiss nicht gemeint, damit das Patriarchat seine verdreckte Weste reinwaschen kann. Die Frauenquote muss mit Zwang durchgesetzt werden und nicht durch „freiwillige Verpflichtung“ von Bossen und anderen rechten Ultras, die damit ihr Süppchen kochen wollen.

  • K
    Kernsaft

    Was soll das Gejammer, von wegen es gebe zu wenige Frauen in "Führungspositionen"?!

     

    Quotiert werden müssten aber wohl die Jobs im AKW selbst. Oder hat schon mal jemand Bilder gesehen die im AKW mit Schraubenschlüsseln rumlaufen o.ä.? Oder ist unter den letzten 50 von Fukushima eine einzige Frau?

  • LW
    L.A. WOMAN

    Immer, wenn die Kerle alles schon totgeritten haben, findet sich immer noch eine

    sowas von panne Frau, die noch ihren Kopf dafür hinhält.

     

    Zum Fremdschämen, das!

  • TP
    Totes Pferd

    Fr. Petersen leidet nicht an Realitätsverlust, sondern muss ihn wohl geniessen dem Bild zu Folge.

     

    Sie weiß ja ganz genau das die Atomlobby zur Zeit noch weniger beliebt ist als die FDP.

    Nun, ihr Job ist es sich im Gedankengut innerhalb der engen Grenzen der Krückentechnologie der AKWs zu bewegen.

     

    Ich wäre auch sauer wenn ich solange studiert hätte und jetzt ein totes Pferd reiten müsste. Leider steigt sie von dem nicht ab - schade,schade um ein Talent.

  • FN
    Franz Nagel

    Fundiert wünscht Astrid Petersen sich die Debatte. Physikhistorisch unfundiert ist allerdings ihre Bemerkung, daß die Erde nach dem Willen der "damals" Verantwortlichen eine Scheibe gewesen und geblieben wäre. Wer sich darüber kundig machen will, der lese Jeffrey Burton Russell und Reinhard Krüger. Die Wikipedia gibt im Artikel "Flache Erde" einen Überblick.

  • F
    firefucker

    wenn irgendwer versichern kann, dass atomkraftwerke, wiederaufbereitungsanlagen usw 100% sicher sind, und wenn irgendwann einmal jemand genau sagen kann wo man den ganzen müll für die nächsten zwei eiszeiten lagern soll, ohne dass irgendwer zu schaden kommt, dann, aber NUR dann, kann meines erachtens die debatte über atomkraft ANFANGEN.

    wie kann man als 40 jährige ingenieurin nur so einem verein vorstehen WOLLEN(?)?

    traurig.

    asbest wurde verboten, weil es "nur" krebserregend ist..

    wieso gibt es diese schändlichen akws immer noch?

     

    ich könnt so kotzen, ehrlich!

     

    da verdienen unsere vier alliierten (eon, enbw...) 40 jahre die große kohle, und wenn jemand eine von ihren illegalen müllkippen (asse / vgl. italien in den 70 jahren – böse mafia) entdeckt und feststellt, dass der ganze müll doch nich sooo ungefährlich is, dann übertragen sie die verantwortung und die horrenden kosten der allgemeinheit. wie kann sowas gehen? wie kann das legal sein?

     

    einziger möglicher ausweg:

    geld sammeln!

    (motto: "liebe regierung, wir zahlen das dopplete!")

  • MN
    Mein Name ist Legion

    Fragt sich, wie es um die Sicherheit von KKWen stünde, wenn die Vorständler der Betreiber und die Mietmäuler der Lobby nebst Familie ihre Dienstwohnung in einem nehmen müßten. Gewiß, gewiß, Freizügigkeit und so. Aber selbst Hauswarte kriegen doch Dienstwohnungen, warum also nicht die Wichtigmänner? Bei den verführerisch niedrigen Heizkosten...

    Ach, die wären dann sicher das ganze Jahr über auf Dienstreise?

  • H
    huch

    Immer dann, wenn die Herren der Schöpfung am Ende sind,dürfen die Frauen auch mal ran !Gender sells !Oder auch nicht!

  • PL
    Pia Loge

    ... "Beides verpackte sie in eine Metapher am Ende der Rede: "Die Erde wäre immer noch eine Scheibe, wenn es nach den damals politisch Verantwortlichen gegangen wäre." Den Satz wiederholte sie dreimal." ...

     

    Da wurde ja die Richte gewählt ... siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Flache_Erde

     

    ... "Die irrige moderne Annahme, dass insbesondere die mittelalterliche Christenheit an eine Erdscheibe geglaubt habe, wird von der Historical Society of Britain als weitestverbreiteter historischer Irrtum aufgelistet.[1] Neuere Untersuchungen insbesondere seit den 1990er Jahren zeigten,[2] dass „außer sehr wenigen Ausnahmen seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. keine gebildete Person in der Geschichte des Westens glaubte, die Erde sei flach“, und dass die Kugelgestalt der Erde stets die dominante Lehrmeinung blieb.[1] Die moderne Fehlannahme, dass der mittelalterliche Mensch an eine scheibenförmige Erde glaubte, fand erst im 19. Jahrhundert Verbreitung, vor allem aufgrund von Washington Irvings Erzählung Das Leben und die Reisen des Christoph Columbus (1828).[1] Diese Aussagen von J.B. Russell und der christlichen American Scientific Affiliation bestreiten, dass die mittelalterliche Kirche die Vorstellung einer flachen Erde verbreitet hat." ...

     

    So nach dem Motto: Kerkraft ist sicher und günstig!

     

    Haha ...

  • S
    Scharlie

    Wo wird man sie finden, wenn ein AKW in Deutschland hochgeht? Bei den Aufräumungsarbeiten?

  • GN
    Graf Nitz

    Die Kehrseite der Gleichbereichtigung.

     

    Also: Frauen ans Fliessband, zum Astbest-Abbau, zur Müllabfuhr, in die Armee, auf den Baukran, an die Spitze der NPD-Parteiverwaltung, in die Geschäftsführung einer Tierversuchsfirma. Solange es diese Jobs gibt, müssen sie ebenfalls gleichberechtigt besetzt werden.

  • W
    Waage

    Das ist ja alles sehr erfrischend, aber wer allzu keck ist redet fast zwangsläufig öfters mal dummes Zeug und wird dann irgendwann nicht mehr richtig ernst genommen.

     

    Wer schräge "Scheibenerde" - Vergleiche, die genausogut auch andersherum gegen die strukturkonservativen "Grossenergetiker" angewand werden könnten, gleich zu Beginn inflationär anwendet entpuppt sich direkt schon mal als Dampfplaudererin.

     

    Dabei weiß Frau Petersen genauso wenig wie jeder/jede Andere wohin mit dem Atommüll wenn immer neuer dazukommen sollte.

  • E
    edefault

    Schau an, der Hydra wachsen neue Köpfe ... derweil die Verneblungsaktionen und Etikettenschwindeleien der Atomlobby und ihrer gekauften Bundesregierung auf Hochtouren laufen.

     

    Die Ethik-Kommission sagt: Ewigkeitslasten sind nicht hinnehmbar. Um das zu verstehen, braucht man gar kein Ingenieur zu sein. Da ist auch nichts irrational.

     

    Und wenn man Ingenieur und "vom Fach" ist (so wie ich), dann versteht man vielleicht sogar, was uns im Falle einer spontanen Rekritikalisierung in der Kernschmelze blüht.

    Dagegen ist Fukushima bisher nur ein kleiner Blechschaden.

     

    Sicher ist nur das Risiko. Das weiss jeder Lottospieler, und sogar Frau Merkel hatte es anscheinend gelernt: Dass nämlich extrem unwahrscheinliche Ereignisse trotzdem eintreten können.

     

    Dabei geht es einfacher, billiger, schneller, friedlicher, sauberer, umweltverträglicher ... und alle, alle wissen es und wollen, dass es so gemacht wird, nur die Atomkonzerne nicht. Die Kaste der Unbelehrbaren.

     

    Irgendwelche (sogar Frauen), die sich gegen gute Bezahlung nicht entblöden, weiter deren schrilles Lied zu singen, findet sie wohl immer. Vergeudete Ingenieurskunst - schade drum.