Chef des Klimasekretariats de Boer: Von der Uno in die Wirtschaft
Der Chef des UN-Klimasekretariats de Boer wechselt in die Wirtschaft. Er wird Unternehmensberater bei KPMG. Beim Kopenhagen-Gipfel hatte er sich für ein substanzielles Abkommen eingesetzt.
BERLIN taz | Yvo de Boer, Chef des UN-Klimasekretariats, schmeißt hin. Der 55-jährige Niederländer gab am Donnerstag seinen Rücktritt zum 1. Juli bekannt und wechselt in die Wirtschaft.
"Die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen im Weltklima-Sekretariat war eine gewaltige Erfahrung", sagte de Boer in einer persönlichen Erklärung. Der Sekretariatschef suggerierte zudem Erfolg: Der Gipfel von Kopenhagen habe zwar kein rechtlich bindendes Abkommen geschaffen, aber die "politische Verpflichtung" und der Orientierungssinn in Richtung einer emissionsarmen Welt seien "überwältigend" gewesen.
Um dieses Urteil einordnen zu können, hilft ein Blick in die Historie: De Boer bestimmte als niederländischer Beamter 1997 die europäische Position bei den Verhandlungen zum Kioto-Protokoll mit.
Als er 2006 zum Leiter des UN-Klimasekretariats berufen wurde, war allen klar, dass mit de Boer jetzt ein "Kiotojaner" die Verhandlungen leitet. Das Klimasekretariat ist direkt beim UN-Generalsekretär angebunden, weshalb de Boer zu Ban Ki Moon stets einen kurzen Draht hatte. "Solange wir nichts Besseres als das Kioto-Protokoll haben, sehe ich keinen Grund, nicht auf Grundlage des Kioto-Protokolls zu verhandeln", sagt de Boer. Als 2007 der mühsam ausgehandelte Kompromiss zur "Bali Road Map" auf der Weltklimakonferenz in Indonesien zu scheitern drohte, soll de Boer kurzerhand Ban Ki Moon angerufen haben. Der UN-Generalsekretär flog daraufhin ein zweites Mal auf die indonesischen Urlaubsinsel ein und beschwor die Regierungsdelegationen mit Erfolg. Seitdem baute de Boer einen unglaublichen Druck auf, um Kopenhagen zu einem Erfolg zu machen. Während des Gipfels musste er aber einsehen: Niemals werden die USA sich unter das Kioto-Dach begeben.
Nach dem Scheitern sagte de Boer, die Situation rufe nun nach "neuen Partnerschaften" mit der Wirtschaft. Ohne diplomatische Anstandspause erklärte der noch amtierende de Boer, rechte Klimahand des UN-Generalsekretärs: "Ich habe jetzt die Chance, dabei zu helfen, dass dies geschieht." De Boer wird Unternehmensberater bei dem internationalen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungskonzern KPMG.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“