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Chavez bricht Beziehungen ab"Sommercamps" für Guerilleros

Kolumbien wirft Venezuela vor, mehr als 1000 Farc- und ELN-Guerilleros auf venezuelanischem Gebiet zu dulden. Venezuelas Präsident Chavez ist empört.

Fühlt sich gekränkt: Harsche Reaktion von Chávez auf venezolanische Vorwürfe. Bild: dpa

"Venezuela bricht mit sofortiger Wirkung alle Beziehungen zur kolumbianischen Regierung ab." Die internationale Aufmerksamkeit für diese Ankündigung von Präsident Hugo Chávez war garantiert: Neben ihm stand Diego Maradona, der kurz zuvor zu einem Besuch in der venezolanischen Hauptsstadt eingetroffen war.

Mit diesem Schritt reagierte Chávez am Donnerstag auf den Vorwurf der kolumbianischen Regierung, Venezuela unterstütze die kolumbianische Guerilla. Zudem versetzte Chávez die Streitkräfte in "höchste Alarmbereitschaft" und ordnete die Schließung der kolumbianischen Botschaft an. Er forderte die kolumbianischen Diplomaten auf, Venezuela innerhalb von 72 Stunden zu verlassen.

Die kolumbianische Regierung unter dem scheidenden Präsidenten Álavaro Uribe hatte zuvor auf einer von ihr einberufenen Sondersitzung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Washington Fotos, Videos und Zeugenaussagen vorgelegt, auf deren Grundlage sie es als erwiesen betrachtet, dass die Guerilla-Organisationen Farc und ELN venezolanisches Territorium als Rückzugsgebiet nutzen.

Demnach sollen sich bis zu 1.500 Guerilleros dort aufhalten. Kolumbiens OAS-Botschafter Luis Hoyos sprach von "wahren Sommercamps" in denen sich "die Terrorristen" in aller Ruhe auf ihre Aktionen vorbereiten könnten. Hoyos forderte die OAS zu einer Untersuchung vor Ort auf. Zudem erwägt Kolumbien eine Klage beim Internationalen Gerichtshof.

Venezuelas OAS-Botschafter hielt dagegen und forderte die Einrichtung einer Kommission zur Untersuchung der US-Militärbasen in Kolumbien. Diese sollen nach Angaben der Regierungen von Kolumbien und den USA vor allem zur Bekämpfung des Drogenhandels dienen; nach Auffassung der venezolanischen Regierung sind sie jedoch Bestandteil der Destabilisierung der Chávez-Regierung.

OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza stellte klar, dass eine Untersuchung ohne Einwilligung Venezuelas nicht möglich ist. Die ist nicht zu erwarten. Im Gegenteil. Venezuela hat die angeblichen Beweise als Fälschungen zurückgewiesen. Sollten sich tatsächlich Guerilleros auf venezolanischem Gebiet aufhalten, so seien sie illegal im Land. In Caracas sagte Chávez, "Uribe ist dazu fähig, ein Rebellenlager auf unserem Gebiet zu simulieren, es anzugreifen und damit einen Krieg zu verursachen."

Ähnliche Konflikte zwischen Uribe und Chávez hatten schon früher zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen geführt. 2009 verhängte Venezuela über den Nachbarn sogar ein Handelsembargo. 15 Tage vor seinem Abtritt ist es Uribe gelungen, Chávez noch einmal auf die Palme zu bringen.

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14 Kommentare

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  • PD
    papo de cuba

    Für uns Deutsche ist es ja völlig unverständlich, dass ein gesamtes Volk einem Redner stundenlang zuhören kann und will wie derzeit bei Chavez in Venezuela, denn denkt man an die deutschen Verhältnisse in der Politik mit dem Vielparteiensystem, der verseuchten, korrupten Parteienlandschaft, so ist bei euch etwa unmöglich vorstellbar, dass die Mehrheit der Deutschen Reden von den Frau Merkel und Westerwelle stundenlang vor der Glotze fasziniert verfolgt. Mir erinnerlich war nur Willy Brandt zu ähnlicher Bewunderung im Volk fähig, und zwar wegen seiner glaubhaften Visionen. Auch bei Fidel Castro war es vor seiner Erkrankung bei seinem letzten Auslandsaufenthalt auf einem Gipfeltreffen in Argentinien geschehen,dass bei einer spontanen Rede auf einem Platz über 100.000 Menschen kamen.

    Auch ist es verständlich, aber eben nicht auf andere Länder wie Venezuela übertragbar, dass nach veröffentlichten ARD-Studien 30 % aller Deutschen ein Einparteiensystem wollen, oder auch 80 % aller Deutschen sich das Leben in einem sozialistischen System vorstellen können. Zumindest sind es interessante Ergebnisse, die nur als Ausdruck von totaler Unzufriedenheit mit dem vorherrschenden kapitalistischen System in Deutschland verständlich werden. Ich verstehe die Kritik an Chavez deshalb als wenig representativ für die deutsche Bevölkerung, und völlig unangebracht besonders angesichts der Bedrohungen der ebenfalls korrupten Alliierten des nördlichen Nachbarns. Denn nur in einem Land wie den USA ist es möglich, dass etwa der ehemalige kirchliche Berater von George W. Bush vor Fernsehkameras die Ermordung von Chavez fordern kann. Zynismus, Perversität, Anmaßung und Großkotzigkeit gegen Chavez, denn er wird als Gefahr für die US-Interessen gesehen, vergleichbar wie Fidel Castro .

  • CM
    Carlos Marx

    Wer Chavez kritisiert ist ein Rechter? Selten so ein Blödsinn gelesen. Jeder aufrichtige Sozialist hat die Pflicht, den Mund aufzumachen, wenn wieder einmal ein machtbesessener Autokrat die sozialistischen Ideale mit Füßen tritt, so wie es schon Stalin und andere gemacht haben.

    Selbst Heinz Dieterich, der geistige Vater des Sozialismus des 21. Jahrhunderts, hat sich schon von Chavez abgewendet.

  • C
    Claudia

    Mich wundert schon sehr, wie selbstverständlich einige Menschen hier von "freien" oder "demokratischen" Wahlen in Venezuela sprechen.

     

    Stellen wir uns mal vor, ARD, ZDF und die Dritten wären verpflichtet, stundenlang Reden von Frau Merkel und alle paar Minuten Wahlwerbung der CDU zu senden. Ich glaube, im Lande würde ein Aufschrei der Empörung unter den Demokraten losgehen und keiner würde Wahlen unter diesen Voraussetzungen "demokratisch" bezeichnen.

     

    Es wird immer mit ein paar großen Chavez-kritischen Hauptstadtzeitungen und dem Internet argumentiert und schnell vergessen, dass auch nach 12 Jahren Sozialismus die meisten Teile der Bevölkerung immer noch so arm sind, dass sie keine Zeitungen kaufen oder Internet haben. Aber ein alter Fernseher mit Chavez-Propaganda flimmert in jeder noch so kleinen Hütte. Das weiß er und deswegen interessieren ihn auch nur die TV Sender und nicht die Zeitungen.

     

    @papo de cuba:

    Armut wird als relative Zahl berechnet auf Basis von nationalen Durchschnittswerten. Das heißt, wenn alle ärmer werden sinkt auch die Armutsgrenze und damit die Zahl der Armen. Die sind dann zwar objektiv genauso arm oder ärmer als vorher, aber relativ im Verhältnis zum Durchschnitt eben nicht mehr arm. Das ist blindes vertrauen in Statistiken, ohne über deren Inhalt nachzudenken. Angesichts von ständig steigender Lebensmittel- und Energieknappheit und Kriminalität von einer Verbesserung der Lebensverhältnisse zu sprechen, ist lachhaft.

  • PD
    papo de cuba

    hat etwa robert b. recht mit seiner Kritik, dass hier nur rechtes Material zugelassen wird ? Hat sich etwa die taz in Bezug auf Chavez festgelegt, was ja fatal wäre ? Zwei Artikel sind von mir nicht erschienen ????

  • PD
    papo de cuba

    Die hier auftretenden rechten Gesinnungsfreunde erstaunen mit ihren fehlenden Grundkenntnissen über Venezuela. Chavez ist innerhalb von 10 Jahren zehn Mal in freien Wahlen zum Präsidenten gewählt worden, in Wahlen, die durch die Opposition erzwungen und gerade deshalb von vielen internationen Beobachtern kontrolliert wurden. Jedes Mal hat er die Unterstützung von zwei Dritteln seines Volkes gewonnen. Es fand ein Putschversuch seitens der reichen Oligarchie statt, aber Chavez wurde von Armee-Einheiten befreit. Zuvor führten die US-Ölkonzerne alle Gewinne aus Venezuela ab, Chavez hat sie verstaatlicht und riesenhafte Sozialprogramme mittels dieser Recourcen auf den Weg gebracht. Laut einer UN-Studie lebten vor acht Jahren in Venezuela über 50 % des Volkes unterhalb der Armutsgrenze, in diesem Jahr sind es gerade noch 7 %. Das ist der politische Erfolg von Chavez. Dank des Öles ist z.B. das Gesundheitssystem jetzt für alle gratis ! Natürlich wollen die reichen Familien des Landes das Rad der Geschichte wieder zurückdrehen, und sei es mittels Gewalt oder gar der Verrat des Landes an die Yankees. Aber in einer Demokratie entscheiden die Mehrheiten, und die hat Chavez ganz eindeutig auf seiner Seite, obwohl viele es nicht wahrhaben wollen.

  • PD
    papo de cuba

    Venezuela hat inzwischen mehrere Millionen Bürgerkriegs-Flüchtlinge aus Columbien aufgenommen.US-Spezialisten stellten jüngst fest, dass Venezuela über die größten Erdöl-und gasreserven der Welt verfügt. Nun läuft die US-Kriegsmaschine an, um an diese Resoursen zu gelangen, vergleichbar Irak + Afghanistan. Wie? 7 (!) neue Militärbasen im Nachbarland Columbien, Flugbase auf Curacao (holl.!), die ausgemottete Antlantikflotte vor der Küste, Bedrohungskulisse auf Basis von pol. Lügen, man kennt es schon. Einfach ekelhaft + durchschaubar. Und der Friedensnobelpreisträger lässt grüßen !

  • UH
    @Udo Henn

    "Wenn sie wirklich korrekt durchgefuehrt werden sollten, wird Chavez keinesfalls wiedergewaehlt"

     

    Wie der Kommentator "Por Que No Te Callas" richtig begründet hat, sind trotz Ablehnung die Chancen auf einen Wahlsieg der Opposition nahe Null.

     

    Korrekte Wahlen gibt es in Venezuela schon lange nicht mehr. Oppositionelle verschwinden regelmäßig in Gefängnissen oder werden "zufällig" Opfer von "Raubüberfällen mit Todesfolge" (politische Morde gibt es in Venezuela nicht). Jede öffentliche Behörde ist verpflichtet, am Gebäude Wahlwerbung für Chavez zu machen. Mitarbeiter im öffentlichen Dienst werden unter Druck gesetzt, das Kreuz an der richtigen Stelle zu setzen. Natürlich droht keiner offiziell, dass Wahlunterlagen ausgewertet werden und berufliche Konsequenzen haben könnten. Eine vage Andeutung des Vorgesetzten reicht meist aus, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Die Liste der Inkorrektheiten ließe sich unendlich fortsetzen. Genau deswegen darf auch die OSZE nicht mehr kontrollieren.

     

    Am Ende werden die Salonsozialisten hier wieder begeistert applaudieren und von einem demokratischen Sieg sprechen.

  • RB
    robert b

    Na Du Zensorenschwein! Hier wird nur rechte Propaganda zugelassen... alles was den Spinner Vogt widerlegt, darf nicht zu Wort kommen! Super...

  • RC
    Rafael Correa

    ist doch nichts überraschendes ... bald stehen wahlen an und da muss eben mal wieder von meinem freund hugo ein "kriegsschauplatz" eröffnet werden, der das wahlvolk von lebensmittel- und energieknappheit, explodierenden inflations- und kriminalitätsraten und dem sonstigen innenpolitischen chaos ablenken.

    ist doch nicht das erste mal, dass diese taktik in venezuela funktioniert. warum also ändern, was immer erfolgreich war?

  • C
    christine

    ja, das klima wird von den USA angeheizt, die offenbar an verschiedenen Fronten gleichzeitig wieder einmal Krieg führen wollen. Leider sitzen wir diesmal alle mit im Boot, nicht nur zwischen den Kolumbianern und Venezolanern, auch zwischen Iran und USA. Es wird langsam brenzlig und wenn nicht bald jemand vernünftiges einlenkt, werden diese Bastards von Yankis uns alle kaputt machen!

  • S
    Sebastian

    Der Typ ist einfach krank. Sehr gefährliche Entwicklung von Venezuela. Der wird sein Land noch richtig nach unten wirtschaften. Hoffentlich demonstrieren die Linken hier auch mal gegen den Militarist Chavez, das Geld was er für's Militär übrig hat ist wo anders wesentlich besser aufgehoben.

  • UH
    Udo Henn

    Mit seiner offenkundigen Unterstuetzung des Terrorismus geraet Chavez immer mehr ins Abseits. Auch der neue kolumbianische Praesident Santos wird diese Situation nicht hinnehmen koennen. Ein letzter Hoffnungsschimmer auf Entspannung sind die in Venezuela anstehenden Wahlen: Wenn sie wirklich korrekt durchgefuehrt werden sollten, wird Chavez keinesfalls wiedergewaehlt.

  • M
    Marisol

    Als die Kolumbianer vor 2 Jahren die Nummer 2 der FARC Raul Reyes eliminierten, legte Chavez öffentlich eine Gedenkminute für den Genossen ein und jetzt will er der Welt erzählen, dass er nichts am Hut hat mit den Mördern, Entführern und Drogendealern. In seinem eigenen Land, wo er mittlerweile fast alle Fernsehsender kontrolliert, kann er ja sicher Märchen verbreiten. Aber für wie blöd hält er den Rest der Welt???

  • PQ
    Por Que No Te Callas

    Bei der Verkündigung des Endes der Beziehung stand er neben Maradona - wie passend: zwei aufgeblasene Schaumschläger. Ob ihm der Diego Ratschläge gegeben hat, wie man mit Niederlagen umgeht? Naja, das wird wohl für Hugo nicht nötig sein. Nachdem er sich ein neues Wahlgesetz hat maßschneidern lassen, internationale Wahlbeobachter ausgeschlossen sind, fast alle TV-Sender unter Kontrolle sind und die staatlichen Ölmilliarden exklusiv in Chavez-Wahlkampf investiert werden können, dürfte wohl auf absehbare Zeit nicht mit Niederlagen zu rechnen sein - alles ganz demokratisch, versteht sich.