Chaos und Gewalt in Haiti: Regierungschef kündigt Rücktritt an
Ministerpräsident Ariel Henry soll durch einen Präsidentenrat ersetzt werden. Die USA wollen 100 Millionen Dollar für eine Sicherheitstruppe bereitstellen.
Die ohnehin instabile Lage in Haiti hatte sich Anfang des Monats nach gewaltsamen Zusammenstößen und zwei Gefängnisausbrüchen weiter zugespitzt. Der berüchtigte Bandenchef Jimmy „Barbeque“ Cherizier kündigte eine Allianz mit anderen kriminellen Gangs an und erklärte, sie würden Henry stürzen. Daraufhin wurde der Notstand ausgerufen.
Henry soll nun durch einen Präsidentenrat ersetzt werden, dem zwei Beobachter und sieben stimmberechtigte Mitglieder angehören. Das Gremium soll sich unter anderem aus Vertretern der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft und religiöser Gruppen zusammensetzen. Der Rat soll einen Übergangs-Regierungschef ernennen.
Die demokratische Wahl einer neuen Regierung soll vorbereitet werden, sie werden die ersten seit 2016 sein. Henry, den viele Haitianer für korrupt halten, hatte die Wahlen wiederholt mit der Begründung verschoben, die Sicherheit müsse erst wiederhergestellt werden.
Bandenchef: „Wir machen eine blutige Revolution“
In Jamaika trafen sich am Montag Staats- und Regierungschefs der Region, um den Rahmen für einen Übergang zu erörtern. US-Außenminister Antony Blinken sagte, der Rat habe die Aufgabe, die Grundversorgung der Haitianer sicherzustellen und die Bedingungen für freie Wahlen zu schaffen. Die USA würden 100 Millionen Dollar für den Einsatz einer Truppe, die die Sicherheit in Haiti wiederherstellen soll, bereitstellen. Zudem seien 33 Millionen Dollar für humanitäre Hilfen vorgesehen. Die Gelder müssten allerdings noch vom US-Kongress bewilligt werden.
Die USA gehen davon aus, dass haitianische Banden große Waffenarsenale angehäuft haben. Bandenführer Cherizier hat gedroht, Hotelbesitzer zu verfolgen, die Politiker verstecken oder mit Henry zusammenarbeiten.
„Wir befinden uns nicht in einer friedlichen Revolution. Wir machen eine blutige Revolution in diesem Land, denn dieses System ist ein Apartheidsystem, ein böses System“, sagte Cherizier. Die UN schätzen, dass über 362.000 Menschen vertrieben wurden, die Hälfte davon Kinder. Tausende Haitianer wurden getötet. Es gibt zahlreiche Hinweise auf Vergewaltigungen, Folter und Entführungen sowie Lösegeldforderungen.
Auf Videos, die in den sozialen Medien Haitis verbreitet wurden, waren Feiernde auf der Straße zu sehen. Menschen tanzten in einer Partyatmosphäre mit Musik auf den Straßen, Feuerwerkskörper wurden in den Nachthimmel geschossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich