Chaos in Frankreich beim Fußball-Finale: Keiner will's gewesen sein

Vor dem Endspiel der Champions League in St. Denis geht die Polizei brachial gegen Fans vor. Die Suche nach den Schuldigen hat bereits begonnen.

Fans zeigen ihre Eintrittskarten hinter einem Gitter.

Stress beim Einlass: Fans zeigen ihre Karten am Eingang zum CL-Finale in Paris am 28. Mai Foto: Christophe Ena/ap

PARIS taz | Statt Sport gab es am Samstag zunächst Randale vor dem Stade de France und viel Tränen der Fußballfans wegen des von der Polizei massiv eingesetzten Reizgases. Zehntausende An­hän­ge­r*in­nen der Mannschaften von Real Madrid und des FC Liverpool waren extra nach Paris gereist. Am Nachmittag herrschte im Zentrum tolle Partystimmung ohne spürbare Feindseligkeit unter den Fans. Am Abend aber wurde ihnen die Freude am Fest vor dem Stadion von Saint-Denis im Norden von Paris gründlich verdorben.

Als Gruppen von Jugendlichen die Schranken durchbrachen oder die hohen Gitterzäune überkletterten, um ohne Tickets in das Stadion zu gelangen, kapitulierten die Kontrolleure, die Polizei griff ein und machte dabei zwischen Rowdies und harmlosen Fans sowie auch Familien mit Kindern keinen Unterschied.

Im Nachhinein können die Organisatoren des Finales der Champions League heilfroh sein, dass es keine Massenpanik mit Toten gab. Aber auch das ist keine Entschuldigung. Ein gefundenes Fressen ist die Gewalt vor dem Stadion für die extreme Rechte, die auf Twitter ein hartes Vorgehen gegen die „Barbaren“ aus den Immigrantensiedlungen von Saint-Denis fordert.

„Was für eine Schande!“, lautet die Überschrift der Zeitung La Dépêche du Midi, die meisten französischen Zeitungen reden von einem „Chaos“ vor dem verspäteten Spielbeginn und fragen, wie es zu einer derartigen Eskalation der Gewalt kommen konnte. Schlimm und peinlich, denn Frankreich hatte sich vor rund drei Monaten angeboten, das Finale im Norden von Paris zu organisieren, weil es nicht in Sankt-Petersburg stattfinden konnte.

Kein gutes Licht

Auch war den Behörden, der Uefa und den Organisatoren frühzeitig bekannt, dass viel mehr Leute kommen würden, als das Stadion aufnehmen kann. Offensichtlich waren die Sicherheitsvorkehrungen ungenügend. Das wirft kein gutes Licht auf die organisatorische Kompetenz der Hauptstadt, in der 2024 die olympischen Sommerspiele stattfinden sollen. Wären da Selbstkritik oder eine Entschuldigung zu viel verlangt?

Jetzt schieben sich verschiedene Stellen die Verantwortung gegenseitig zu. Im Zentrum der Kritik steht der Pariser Polizeichef Didier Lallement. Das war auch schon bei den äußerst gewaltsamen Einsätzen seiner Truppen gegen die Gelbwesten und andere Demonstranten der Fall. Innenminister Gérald Darmanin macht ohne Beweise oder wider besseres Wissen britische Hooligans verantwortlich. Der Grund allen Übels waren für ihn „mehr als 30.000“ Fans, die ohne Eintrittskarte oder mit gefälschten Tickets ins Stadion wollten. Schuld sind eben immer die anderen.

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