Chaos Computer Club über Internetsperren: "Akzeptanz für Zensur schaffen"
Andreas Bogk vom Chaos Computer Club kritisiert die Internetpolitik von Ursula von der Leyen: "Hier wird nur ein Strohmann aufgebaut". Und der soll Zensurbestrebungen Tür und Tor öffnen.
taz: Herr Bogk, ist es schwierig, die Freiheit des Internets beim Thema Kinderpornografie zu verteidigen?
Andreas Bogk: Das Thema ist natürlich sehr heikel und wir sind uns alle einig, dass Kindesmissbrauch und seine Darstellung bekämpft werden müssen. Aber wer etwas vom Internet versteht, erkennt leicht, dass hier nur ein Strohmann aufgebaut wird und es vor allem darum geht, Akzeptanz für Zensur zu schaffen.
Glauben Sie wirklich, dass Ursula von der Leyen nur im Interesse der Sicherheitsbehörden agiert?
Sie will sich mit dem Thema Kinderpornografie, das scheinbar keinen Widerspruch erlaubt, sicher auch profilieren. Aber wenn bei mancher Veranstaltung links von ihr der BKA-Präsident sitzt und rechts von ihr ein Vertreter des Innenministeriums, dann sagt das schon viel aus. Außerdem sind ja auch die Musikindustrie und die staatlichen Glücksspielmonopole an der Einführung von Internetzensur interessiert.
Wird der Chaos Computer Club jetzt gesperrte Kinderpornoseiten selbst anbieten, um die Zensur zu unterlaufen?
Selbstverständlich nicht. Aber Hacker werden dafür sorgen, dass die Liste der zensierten Seiten öffentlich wird. Dann kann sich jeder ein eigenes Bild machen, was eigentlich zensiert wird.
Warum sagen die Kritiker, man sollte die Seiten ganz abschalten?
Diese Aussage bezieht sich nur auf die Seiten, bei denen wirklich Kinder vor der Kamera missbraucht und vergewaltigt werden, was aber weniger als ein Prozent des zensierten Angebots betrifft. In diesen Fällen helfen keine Zugangssperren, sondern müssen Produzenten und Anbieter verfolgt werden - was möglich ist, weil die Server wegen der guten Internetanbindung überwiegend in westlichen Rechtsstaaten stehen.
Kommt jetzt eine leistungsfähige Zensur-Infrastruktur?
Die Sperrung auf der Ebene der Domain Name Server ist für Einzelne leicht zu umgehen, wenn sie wissen, was sie suchen. Eine Massenmobilisierung, wie zur Mahnwache gegen Internetzensur am Freitag, könnte durch solche Methoden aber wirkungsvoll behindert werden.
Wie geht der Protest weiter?
Wir machen jetzt gegen die Provider mobil, die sogar ohne Gesetz mit der Internetzensur beginnen wollen. Deren Kunden sollten den Provider verklagen.
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