Champions League Halbfinale: Jeden Tag ein bisschen besser
Ribéry flog wegen eines gefährlichen Foulspiels in der 37. Minute vom Platz, doch die Bayern blieben dominant und Robben gelang schließlich die verdiente Führung. Ins Rückspiel geht's nun ohne Ribéry.
BERLIN taz | Am Ende war es dann doch egal, dass Franck Ribéry Rot gesehen hat. Die Bayern waren mit ihm besser als Lyon, und ohne ihn auch. Sie hatten den ehemaligen Serienmeister aus Frankreich immer im Griff, auch in den Minuten, in denen sie in Unterzahl spielten. "Wir haben ganz Europa gezeigt, wie stark wir sind", sagte Trainer Louis van Gaal nach dem 1:0 im Halbfinal-Hinspiel der Champions League. Sein Team könnte ins Finale einziehen. Wie stark ist es wirklich?
Auf jeden Fall ist es folgsam. Die Spieler setzen um, was der Trainer ihnen sagt. Als van Gaal die Taktik umstellen musste, weil Ribéry Lisandro Lopez allzu unbeherrscht in die Parade gefahren ist (ob er deshalb so unbeherrscht war, weil just vor dieser Szene die französischen Fans dem Hurenschnacksler im Chor "Ribéry pédophile" zugerufen hatten, soll hier nicht erörtert werden), funktionierte das Bayernspiel anders, aber keineswegs schlechter. Die Bayern blieben dominant in Unterzahl.
Das lag vor allem an Bastian Schweinsteiger. Wie gut der als laufwilliger Balleroberer das Spiel eröffnen kann, hat er schon oft gezeigt in dieser Saison. Dass er mal eben so in die Rolle des Spielmachers hinter den Spitzen schlüpfen kann, beweist seine Qualitäten. Als Lyons Jérémy Toulalan nach Gelb-Rot vom Platz musste, kehrte Schweinsteiger zurück ins defensive Mittelfeld. Vom Freigeist wurde er wieder zum Arbeiter mit Kreativpotenzial. Am Ende war Schweinsteiger der Bayernspieler, der mit elf Kilometern am weitesten gelaufen ist. Mark van Bommel, ansonsten Platzhirsch im defensiven Mittelfeld, fehlte übrigens gelbgesperrt. Vermisst hat man ihn nicht.
Videoanalyse zum Spiel von Jakob Jochmann. Eine ausführlichere Version findet sich auf seiner Website.
Es scheint so, als sei van Gaal bei Schweinsteiger gelungen, wovon sein gescheiterter Vorgänger Jürgen Klinsmann immer gesprochen hat: einen Spieler beinahe jeden Tag ein wenig besser zu machen. Da mag alle Welt von der Klasse eines Arjen Robben schwärmen, der wieder einmal einen seiner Linksschüsse im Tor des Gegners untergebracht hat - die Bayern sind nicht nur wegen ihres Superniederländers so weit gekommen.
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Und da war noch einer, der das Publikum in der recht lauten Arena begeistern konnte. Philipp Lahm, der so gern der beste Außenverteidiger der Welt wäre, spielte so, wie in jener Zeit nach der WM 2006, als man sich nicht vorstellen konnte, dass er mal nicht gut spielt. So offensiv, so lustvoll den Alleingang suchend, hat man ihn lange nicht gesehen. Zusammen mit Robben lief er Lyons linke Abwehrseite regelrecht müde. Schweinsteiger, Robben, Lahm - drei Spieler waren es, die herausgeragt haben aus dem Münchner Kollektiv.
Das konnten sie, weil die anderen immer hellwach waren. Als sich die Franzosen zu Spielbeginn mit ihrer Viererkette und einen überaus kompakten Fünfer-Mittelfeld in der eigenen Hälfte postierten, konnte niemand absehen, dass die Bayern 19-mal die Gelegenheit bekommen würden, aufs Tor zu schießen. Die Bayern gewannen verlorene Bälle schnell zurück. So bekamen die Franzosen nie die Möglichkeit, wirklich aktiv zu werden. "Wir mussten unheimlich viel laufen, um die Ballverluste zu kompensieren. Das hat sehr geschlaucht", stellte Lyons Trainer Claude Puel fest.
Am kommenden Dienstag wollen die drei Fußballer des FC Bayern zusammen mit sieben emsigen Zermürbern in Lyon den Finaleinzug sicherstellen. Doch, doch, sie sind eine starke Truppe. Es könnte klappen.
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