Ceta-Verhandlungen gehen weiter: Keine schnelle Lösung
Bei Ceta gibt es offensichtlich noch immer Verhandlungsspielraum. In Belgien wird mit den Kritikern weiter geredet.
Brüssel/Berlin dpa/rtr | Die Zitterpartie um Ceta geht noch einmal in die Verlängerung: Da die EU und Kanada überraschend doch an dem für Donnerstag geplanten EU-Kanada-Gipfel festhalten, werden weitere Verhandlungen mit den belgischen Kritikern des Freihandelspakts erwartet. Vertreter der Wallonie und andere Ceta-Gegner hatten am Montag ihr Veto gegen das Abkommen mit Kanada bekräftigt. Ohne ihr Einverständnis kann die belgische Föderalregierung das Vertragswerk nicht unterzeichnen – was wiederum das gesamte Abkommen blockiert.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz rechnet jedoch nicht mehr in dieser Woche mit einem Abschluss des europäisch-kanadischen Ceta-Handelsabkommens. „Ich glaube nicht, dass wir diese Woche noch eine Lösung haben werden“, sagte der SPD-Politiker am Dienstag dem Deutschlandfunk. „Das scheint mir sehr sehr schwierig zu sein.“
Daher müsse man den für Donnerstag geplanten EU-Kanada-Gipfel, auf dem das Abkommen unterzeichnet werden sollte, doch verschieben. Das wäre angesichts der großen weltweiten Bedeutung dieser Handelsvereinbarung auch kein Drama, sagte Schulz. „Wenn man dazu 14 Tage mehr Zeit braucht, dann verschiebt man halt so einen Gipfel.“ Er halte das Vorhaben nach wie vor nicht für gescheitert.
Entscheidend dafür, ob noch in dieser Woche ein Abschluss gelingt, ist nach den Worten von Schulz, ob sich die belgische Zentralregierung mit der Ceta-kritischen Provinz Wallonien noch am Dienstag einigen werde. Die Chancen dafür sehe er skeptisch. „Aber dass sie sich einigen werden, das glaube ich schon“, sagte Schulz und nährte damit Hoffnungen auf ein positives Ende.
Der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold sagte, er sehe den aktuellen Streit um Ceta in Belgien mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits werfe es ein schlechtes Licht auf die Handlungsfähigkeit Europas, wenn eine kleine belgische Region eine Entscheidung im Rat der EU-Staaten blockieren könne, sagte er im Deutschlandfunk. Anderseits mache das Abkommen im Grundsatz für ihn auch Sinn. Allerdings werde damit aber auch tief in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eingegriffen. Die vereinbarte Zusatzerklärung zum Ceta-Vertrag allein ändere daran nichts.
Der EU-Kanada-Gipfel, bei dem der Vertrag am Donnerstag unterzeichnet werden sollte, ist trotz des ungelösten Streits in Belgien noch nicht abgesagt.
Leser*innenkommentare
Querdenker
Wie kommt es nur, das immer erst Stimmen laut werden, wenn das Kind schon in den Brunnen geworfen wurde.
Wir haben halt Po-litiker!
Johannes Spark
Die EWG wurde aus wirtschaftlichen Gründen nach der Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM - sie besteht bis heute - gegründet, um zu einer friedlichen Vereinigung Europas zu kommen. Handelsverträge dürfen gar nicht gegen diese Abkommen verstossen. Das sollte der Europäische Gerichtshof klären. CETA sollte auf Eis gelegt werden, bis zur Grundsatzentscheidung.
Die bei CETA/TTIP/TISA ausgehebelten Werte mit den Nachteilen für die eigene Entwicklung in Südeuropa (Spanien, Portugal, Griechenland) und den osteuropäischen Mitgliedsländern stehen oben auf der Carta.
Der Weltmarkt ist durch die Globalisierung und von den Währungs-Spekulationen bedroht.
Laendle1
Baden Württemberg ein Bundesland von der Größe ungefähr vergleichbar mit der Wallonie. Die Wallonen zeigen im Vergleich zu den Grünen wenigstens Rückgrat!!
"Grüne in der Ceta-Falle. Eine Studie zeigt seit Monaten, wie Ceta die Daseinsvorsorge der Länder beschneidet." http://www.taz.de/!5304561/
Velofisch
Wenn denn die EU-Kommission denn tatsächlich mal verhandeln würde, dann wäre das schon ein großer Schritt. Bislang bestand sie immer nur darauf, dass das Abkommen "ausverhandelt" sei und nur das Parlament zustimmen "müsse".
Die Panikmache liegt auch ganz bei der EU-Kommission. Ein Ultimatum, dann ein weiteres Ultimatum - jedes Mal mit großen Drohungen verbunden. Die inszenierte Fast-Abreise der kanadischen Unterhändlerin inklusive. Nach dem das Theaterspielen da nichts genutzt hat, wird Schulz nun etwas sachlicher. Wollen wir hoffen, dass er auch inhaltlich zur Sache kommt. Bislang hat nämlich nur die EU-Kommission blockiert. Zunächst wurden die Bedenken des wallonischen Parlamentes monatelang gar nicht beantwortet.
Die Presse - vor allem der Spiegel, die FAZ etc., aber auch taz macht da mit - hetzen derweil auf das Parlament der Wallonie. Sie fordern fast unverhohlen das Zurückschneiden der demokratischen Rechte. Dabei hat hier die EU-Kommission weit über ihre Kompetenzen hinaus verhandelt - bzw. sich Ergebnisse von der Industrie diktieren lassen. Gerne wird auch eine Nähe zur AfD suggeriert.
Hört bitte auf mit der einseitigen Berichterstattung und berichtet über die konkreten offenen strittigen Punkte, über die Motivation die Magnette in seiner Parlamentsrede so schön dargelegt hat und über konstruktive Alternativen. Wir können die EU retten, in dem wir so einer EU-Kommission rechtzeitig den Laufpass geben, damit deren antidemokratische Gebären nicht das Image der EU weiter beschädigt.
Der Allgäuer
Was ich nicht so recht nachvollziehen kann ist, dass die Verhandlungen (zu CETA und TTIP) geheim waren/sind, und nicht mal Ageordnete z.B. des Bundestags informiert worden sind/wurden).
Andererseits werden jedoch die Gefahren dieser Abkommen beschworen und diskutiert.
Wie passt denn das zusammen?
Leider bin ich der französischen Sprache nicht mächtig, so dass ich nicht weiss, was der wallonische Ministerpräsident in seiner Parlamentsrede gesagt hat.
Kennen Sie eine Möglichkeit, diesen Text in deutscher Sprache lesen zu können?
Ihren Leserkommentar finde ich treffend und gut: es muss endlich konkret verhandelt werden!
4932 (Profil gelöscht)
Gast
@Velofisch Sehr gut zusammengefasst. Danke.
Georg Marder
@Velofisch Da treffen Sie auch meine Empfindung - es scheint nur noch darum zu gehen, das "Gesicht zu wahren" und jetzt bloß nicht den Vertrag nochmals anzufassen. Es gleicht einem Fußballspiel, die einen schreien PRO CETA und die anderen CONTRA CETA - und die schonungslose inhaltliche Diskussion, die dringend nötig wäre, fehlt -überall nur scheinheiliger Kompromiss, statt wirklichen Konsens'.
Georg Marder
Sven Giegold von den GRÜNEN schreibt also: "Anderseits mache das Abkommen im Grundsatz für ihn auch Sinn. Allerdings werde damit aber auch tief in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eingegriffen. Die vereinbarte Zusatzerklärung zum Ceta-Vertrag allein ändere daran nichts."
WAS denn nun? Warum spricht keiner aus, was notwendig wäre? Notwendig wäre ein Abkommen, das auf die Eingriffe in die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verzichtet - alle wissen um diese Eingriffe in die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit - aber anstelle das jetzt mal abzustellen, suchen und finden sie tausend Gründe, warum es trotzdem nötig ist, CETA zu unterschreiben - es wird immer perverser.