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Celler GrundsatzurteilAufruf zum Schottern ist strafbar

Wer dazu aufruft, bei Castortransporten Steine aus dem Gleisbett zu entfernen, macht sich strafbar. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden.

Der Aufruf zum Schottern ist nicht nur die „Meinungsfreiheit" gedeckt. Bild: dpa

CELLE dpa | Gegner von Castortransporten machen sich schon dann strafbar, wenn sie öffentlich dazu aufrufen, Schottersteine aus dem Gleisbett zu entfernen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle nach Angaben vom Montag entschieden. Bisher war die Strafbarkeit des „Schotterns“ nur für die Fälle endgültig geklärt, in denen Angeklagte selbst Hand anlegen.

Das OLG Celle hat sich in diesem Fall erstmals mit einem solchen Aufruf beschäftigt, gegen die Entscheidung können keine Rechtsmittel eingelegt werden (Az: 31 Ss 125/12).

Geschützt seien nicht nur die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit der Atomkraftgegner, sondern auch die Eigentumsrechte anderer, hieß es in der Begründung der Richter.

Das OLG bestätigte damit ein Urteil des Amtsgerichts Lüneburg, das einen Mann im Juni 2012 zur Zahlung eines halben Netto-Monatsgehalts verurteilt hatte, weil er sich 2010 auf einer Schotter-Unterstützerliste im Internet eingetragen hatte. Der heute 49-Jährige war einer von 1.780 Unterzeichnern.

Wer einen Aufruf zum „Schottern“ unterzeichne, mache ihn sich damit zu eigen, argumentierte das OLG. Damit habe der Angeklagte „die Schwelle von einer Meinungsäußerung oder straflosen Befürwortung von Straftaten zur strafbaren Aufforderung überschritten“.

Polizei und Staatsanwaltschaft sehen im „Schottern“ eine Störung öffentlicher Betriebe nach Paragraf 316b des Strafgesetzbuches, der eine Höchststrafe von bis zu zehn Jahren vorsieht.

„Schottern“ ist auch bei Atomkraftgegnern nicht unumstritten. Für die Organisatoren der Kampagne „ç“ handelt es sich um eine legitime Form des Widerstandes.

Mit dem Entfernen der Schottersteine sollen die Bahngleise so stark beeinträchtigt werden, dass die Castortransporte stoppen müssen. Dies war auch beim bisher letzten Transport im November 2011 der Fall.

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16 Kommentare

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  • T
    Tina

    @time4facts:

    Fakten lesen und gründlich hinterfragen, und zwar alle. Was mir an "euch" so nervt, ist dass ihr Dinge, die euch in den Kram passen dankbar annehmt und herumposaunt und alles andere ignoriert. Augen offen halten und wenn nötig eigene Position revidieren können!!! So wie "wir".

    http://www.welt.de/politik/article2137374/Der-Mythos-vom-Krebs-durch-Atomkraftwerke.html

  • E
    ello

    @tsitra: Plutonium, soso. Bei den Kernenergiegegnern ist die Kenntnislosigkeit und moralische Überheblichkeit umgekehrt proportional zur Intelligenz. Das Trottelhafte der "Castor-Gegner" ist dauerhaft dokumentiert in den taz-Kolumnen, vielen Dank auch dafür. Aber das sind die Ergebnisse einer Schulpolitik, die kuscheliges Miteinander höher bewertet als Rechtschreibung und Rechnen.

  • V
    vic

    @ lächeln13

    bitte, gerne, jederzeit.

  • T
    tsitra

    Gewaltfreier Widerstand wie z.B. mindestens schottern ist eigentlich Pflicht, angesichts der Tatsache, dass durch Plutonium u.ä. in den nächsten zig tausend Jahren Millionen Menschen viel zu früh an Krebs sterben, den sie durch radioaktive Verstrahlung bekommen haben.

     

    Kernenergie ist Mordenergie.

     

    Kernenergie bedeutet:

     

    "Nach mir die Sintflut!"

     

    und schäbiger geht's wohl

    kaum noch.

  • S
    Schotterflechte

    @ Wutbürger,

     

    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

     

    über 1780 Unterzeichner und nur einer wird aufgrund der gleichen Straftat verurteilt. Im GG steht so manches nicht drin, es muss interpretiert werden. Das fällt einigen überaus schwer.

  • B
    boateng

    Uii, wie kommen jetzt die tapferen ReckInnen an ihre Andecken?

    Einzelne Steine,schick im Cellophanbeutelchen verpackt.

    Natürlich mit der Aufschrift:Ich war dabei gewesen.

    Ein Geschäftsmodell?

  • S
    spirello

    Alles um CASTOR zu stoppen soll man unternehmen und BASTA!

  • H
    Holger

    Artikel 17 GG"Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden."

    Auch gegen diesen Beschluss gibt es Rechtsmittel!

  • E
    eva

    Ein halber Nettolohn Stfe, weil man einen Aufruf im Internet unterzeichnet hat -?

     

    Kriegen wir jetzt chinesiscche Verhältnisse, oder ist jetzt schon die falsche Gesinnung strafbar?

     

    Unfassbar. Von einer Bananenrepublik unterscheidet uns momentan nur noch die Außentemperatur.

     

    Ich hoffe, dass gegen dieses Urteil vorgegangen wird.

  • S
    Stonewalker

    Man sollte diese Schotterhirnis gleich in einen Steinbruch verfrachten, dort können sie dann Tag und Nacht schottern und Steine brechen...

  • T
    time4facts

    gegenfrage herr oberlandesgericht: wenn die ankuendigung zum schottern schon eine offizielle straftat darstellt - als was wird dann der fakt bezeichnet, dass in einem 60 km-radius rund um akw's signifikant mehr kleinkinder fuer diverse krebsarten anfaellig sind? ... wer muesste hier eigentlich auf der anklagebank sitzen?

  • W
    Wutwürger

    @ schotterflechte

    Bitte was? Was hat GG Art. 3 denn jetzt mit dieser Entscheidung zu tun? Das ist der Artikel der Gleichberechtigung. Da steht nichts von "juristischen Exampel" o.ä. . Einzelurteile sind nur Richtwerte, so wie jedes Jahr oder alle paar Jahre die Rechtssprechung in Sachen Mietrecht ein wenig anders ist.

     

    Aus meiner Sicht ist die Entscheidung völlig richtig. Schottern ist eine Straftat oder zumindest eine Ordnungswidrigkeit. Wer zu solchen Dingen aufruft oder bewusst öffentlich seine Hilfe ankündigt oder kundtut muss eben auch mit den Konsequenzen rechnen.

    Ich gehe allerdings auch sehr stark davon aus, dass das jedem der sich dort eingetragen hat bewusst ist bzw. war. Warum sonst Flagge zeigen? Die Sache moralisch unterstützen tut man auch durch Anwesenheit oder anonyme Zusprüche.

  • L
    lächeln13

    an vic: wenn Du etwas machst, was durch das Recht zwar gedeckt ist, aber mir nicht passt, dann geh ich einfach mal bei Dir schottern!!!

    Mal sehen, ob Du das dann auch als "Instandsetzungsmaßnahme" siehst?!

  • V
    vic

    Ich sehe Schottern als Instantsetzungsmaßnahme.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Das ist der Aufruf zu einer Straftat - und damit selbstverständlich ebenfalls mit einer Strafe zu ahnden.

     

    Abgesehen davon sollten die Gegner der Castortransporte erläutern, warum diese gerade dann behindert werden, wenn diese Transporte so gefährlich sind.

  • S
    schotterflechte

    Das OLG Celle hat wahrscheinlich nichts mit dem GG Artikel 3 am Hut. Ein jurist. Exampel ist laut diesem verfassungswidrig.

    Kann einer mal nen Link zu solcher posten ? Ich will unterschreiben.