Castor-Transport nach Lubmin: 50 Stunden bis zur Ostsee

Der Castor-Transport hat Lubmin an der Ostsee erreicht. Wegen vieler Proteste verzögerte sich die Fahrt um etliche Stunden. Inzwischen ist eine Diskussion um die "Wegtragegebühr" entbrannt.

Sollen für den Transport bezahlen: Castorgegner vor Lubmin. Bild: dapd

LUBMIN dapd | Rund 1.500 Kilometer kam der Castor-Transport aus Frankreich ins Zwischenlager Lubmin mehr oder weniger zügig voran, auf den 20 letzten Kilometern ging am Donnerstag zunächst nichts mehr. Sechs Stunden stand die strahlende Fracht wenige Kilometer vor ihrem Ziel, weil sich zwei Aktivisten im Gleisbett mit einer Betonkonstruktion angekettet hatten. Kurz vor 22 Uhr rollte der Zug endlich auf das Gelände des stillgelegten Kernkraftwerkes, damit war er knapp 50 Stunden lang unterwegs, deutlich länger als geplant.

Die beiden Aktivisten der Umweltschutzorganisation Robin Wood hatten sogenannte Armröhren zum Festketten benutzt. Zuvor waren bereits mehrere Aktionen der Atomkraftgegner durch die Polizei beendet worden. Dazu gehörte eine Sitzblockade von mehr als 250 Demonstranten nahe Lubmin, eine Kletteraktion auf Bäumen nahe der Bahnstrecke sowie von einer Brücke, die über die Castor-Strecke verläuft.

Auf seiner Fahrt durch Deutschland wurde der mit rund 2.500 Brennstäben beladene Atommüllzug aus Südfrankreich durch Protestaktionen auf und an den Gleisen jeweils nur für kurze Zeit gestoppt. Zur Geduldsprobe wurden erst die letzten 22, eingleisigen Kilometer vor dem Zwischenlager.

Der Zug war am Dienstagabend im französischen Aix-en-Provence gestartet. Nach 18 Stunden zügiger Fahrt passierte der Transport am Mittwoch um 14 Uhr bei Saarbrücken die französisch-deutsche Grenze. Kurz vor der Grenze musste der Zug stoppen, weil auf dem Saarbrücker Güterbahnhof eine Bombe gefunden worden war. Im saarländischen Neunkirchen stoppte der Zug für einen Lokwechsel. Weitgehend störungsfrei fuhr der Zug auch durch Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen. Im hessischen Hünfeld wurde Begleitpersonal gewechselt, der Zug stand daher kurze Zeit planmäßig.

Ins Stocken kam der Castor-Transport erst in den ostdeutschen Bundesländern. In Ingersleben bei Erfurt stoppte der Zug für wenige Minuten, weil sich rund 20 Demonstranten in Gleisnähe befanden. Achteinhalb Stunden dauerte dann die Fahrt durch Sachsen-Anhalt. Menschen auf Gleisen und eine defekte Weiche sorgten für ungeplante Verzögerungen. In Magdeburg stand der Zug fast zweieinhalb Stunden.

Am Donnerstagvormittag erreichte der Zug Mecklenburg-Vorpommern. Abgesehen von einer 15-minütigen Blockade vor Ludwigslust rollte die Atomfracht zügig über Schwerin, Rostock, Stralsund und Greifswald. Hinter Greifswald, nach Abbiegung auf die eingleisige Strecke, war es mit der zügigen Fahrt vorbei.

Unterdessen droht Teilnehmern an Blockadeaktionen, für den Polizeieinsatz zur Kasse gebeten zu werden. Nach einem Zeitungsbericht über eine "Wegtragegebühr" der Polizei bestätigte Innenminister Lorenz Caffier (CDU), dass eine Kostenverordnung beispielsweise für den Fall existiert, wenn polizeilicher Zwang aus Gründen der Gefahrenabwehr angewendet werden muss.

Er wies zugleich darauf hin, dass die Vorschrift keine gesonderte Regelung für den Atommülltransport sei. "Für den Castor-Transport nach haben wir nichts Neues erfunden. Die Landespolizei wendet geltendes Recht an," sagte er. Diese Vorschrift gelte für alle Veranstaltungen im Land.

Die Neue Osnabrücker Zeitung hatte berichtete, dass derjenige mit einer "Wegtragegebühr" von bis zu 114 Euro rechnen muss, der die Strecke des Castor-Transports ins atomare Zwischenlager bei Lubmin blockiert. Das Blatt berief sich dabei auf einen vertraulichen Einsatzbefehl vom 23. November der Polizeidirektion Anklam.

In den vier Castoren befinden sich rund 2.500 Brennstäbe aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe und vom Atomschiff "Otto Hahn", die jahrelang in den Atomlaboren in Cadarache lagerten. Es handelt sich nach 2001 um den zweiten Castor-Transport mit abgebrannten Brennelementen beziehungsweise Brennstäben ins 1997 in Betrieb genommene atomare Zwischenlager Nord.

Der Genehmigung zufolge ist die dortige im Bundesbesitz befindliche Anlage für eine 40-jährige Zwischenlagerung der radioaktiven Altlast der beiden früheren ostdeutschen Atomkraftwerke Rheinsberg und Lubmin zugelassen. Darüber hinaus dürfen kontaminierte Bauteile aus anderen Kernkraftwerken in Lubmin zerlegt und zu diesem Zweck bis zu zehn Jahre lang zwischengelagert werden.

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