Castingshow „Queen of Drags“: „Nur ein bisschen mehr Make-up“
Am Donnerstagabend zeigte Pro Sieben die erste Folge „Queen of Drags“ mit Heidi Klum. Vorab geäußerte Kritik an dem Format wurde zunächst zerstreut.
Die erste Folge der vorab kontrovers diskutierten Sendung „Queen of Drags“ legte schon mit ihrem Intro einen starken Start hin: Die zehn Kandidatinnen erklärten in kurzen Clips, was Drag für sie bedeutet, dass diese Kunstform etwa für Gleichberechtigung und Akzeptanz steht. Und dass Drag Queens Menschen sind wie du und ich – nur „mit ein bisschen mehr Make-up“.
Dann geht es in den klassischen deutschen Casting-Reality-Show-Modus über: Die Kandidatinnen beziehen eine Villa in Los Angeles und erfahren, was in der ersten Woche von ihnen erwartet wird: eine Performance zum Motto „The Art of Drag“, bei dem die Queens sich so zeigen können, wie sie sich selbst am liebsten präsentieren.
Erklärt wird ihnen das von den Juror*innen der Sendung, womit wir schon beim kontroversesten Punkt angekommen werden: Bereits im Juni dieses Jahres wurde öffentlich, dass die ESC-Gewinnerin von 2014 Conchita Wurst, der ehemalige Tokio-Hotel-Sänger Bill Kaulitz und seine Schwägerin und Moderatorin von „Germany's next Topmodel“ (GNTM) Heidi Klum bei der Sendung die Jury bilden sollen. Der Aufschrei wegen Heidi Klum und die Befürchtungen, dass Drag Queens von ihr und Pro7 als Freaks und Kuriositäten dargestellt würden, waren riesig und es gab sogar eine Petition dagegen.
Trotzdem ist Heidi Klum nun Mitglied der Jury – mehr aber auch nicht. Sie hat ungefähr gleich viele Redeanteile wie Bill Kaulitz und deutlich weniger als Conchita Wurst, sie führt als Stimme im Off auch durch die Folge.
Gesellschaftspolitisches Lipsyncen
Einige Queens werden privat bei sich zu Hause vorgestellt, ihr Berufsleben und die Erfahrungen als Drag Queens werden thematisiert: Kandidatin Catherrine Leclery, die schon 30 Jahre lang Drag Queen ist, spricht über die Kämpfe, die sie als homosexueller Schwarzer Mann und Drag Queen führen musste – und leider immer noch führen muss. Auch Für Drag Djane und Perückenherstellerin Katy Bähm war es nicht immer leicht, da sie als türkischer Junge muslimisch erzogen wurde.
Am Tag der Performance und somit auch der Entscheidung darüber, wer in dieser Woche die Sendung verlassen muss, erfahren die Kandidatinnen, was der Gewinnerin blüht: Ein Cover auf der deutschen Cosmopolitan, eine Reise zur Gay Pride in New York, eine Werbekampagne für die Make-up-Marke Mac und obendrauf 100.000 Euro. Die Queens sind begeistert. Vorgestellt wird auch die Gastjurorin der Folge: Olivia Jones, Deutschlands wohl bekannteste und erfolgreichste Drag Queen.
Die Performances finden in einer großen Bar statt, vor der Jury und vor einem Publikum. Die meisten Queens machen eine Lipsync, also eine Playback-Performance mit großer stilistischer Breite. Kandidatin Samantha Gold ist die Einzige, die selbst singt; bei Bambi Mercury wird es gesellschaftspolitisch: In einem prunkvollen royalen Outfit lipsynct sie „Who wants to live forever“ von Queen und schwenkt dabei die Regenbogen- und die Transflagge.
Dann kommt es zur Punktvergabe und zur Entscheidung: Die einzelnen Juror*innen können jede Punktezahl zwischen 1 und 10 jeweils einmal vergeben. Kandidatin Yoncé Banks bekommt die meisten Punkte und wird somit Queen of the Week, Janisha Jones die wenigsten und muss gehen.
Bambi Mercury, Kandidatin bei „Queen of Drags“
Jurassica Parka, bekannte Drag Queen aus Berlin, ist nach Austrahlung der Folge erleichtert: „Meine Kolleginnen wurden nicht wie befürchtet bloßgestellt, und Heidi Klum hat nur eine sehr kleine Rolle in der Sendung. Allgemein war es viel besser, als ich erwartet hatte“, sagte sie am Donnerstag nach der Folge der taz. Auch die Kandidatinnen selbst sind zufrieden damit, wie sie dargestellt wurden: „Wir wurden nicht als Freaks präsentiert und immer mit viel Respekt behandelt“, sagte Bambi Mercury der taz am Montag bei der Premiere. Die Gewinnerin Yoncé Banks sagte in einem Interview mit dem Westfalen-Blatt: „Uns wurde nicht vorgeschrieben, was wir machen sollten. Wir hatten die Freiheit, uns zu zeigen, wie wir sind.“
Dass die Sendung nichts mehr mit dem Original aus den USA „RuPaul's DragRace“ zu tun, wird auf Twitter bemängelt – aber das behauptet die Sendung auch gar nicht. „Queen of Drags“ ist auf das deutsche Mainstream-Publikum zugeschnitten, dem die LGBTQ-Community sanft näher gebracht wird. Und das ist erst mal gut.
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