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„Casablanca“ wird 75Der Film aller Filme

Eigentlich sollte es nur ein B-Movie werden. Eigentlich sollte Ronald Reagan die Hauptrolle spielen. Noch heute sorgt der „Casablanca“ für Gänsehaut.

Die Hüte! Der Trenchcoat! Humphrey Bogart, Ingrid Bergmann im Regen auf dem Flughafen Foto: Neue Visionen Filmverleih

O. k., eigentlich war das ein B-Picture. Oder besser: Es hätte eins werden können. Als recht kitschige Liebesgeschichte an exotischem Spielort sollte „Casablanca“ an den Erfolgsfilm „Algier“ von 1938 anknüpfen – eine banale Kommerz­idee der Warner Bros. Und wenn, wie es der Hollywood Reporter wenige Monate vor Drehbeginn verkündete, nicht Humphrey Bogart den Richard Blaine gespielt hätte, sondern Ronald Reagan, würde sich vermutlich trotz Ingrid Bergman und der Story kein Mensch mehr an den Film erinnern, der am Sonntag vor 75 Jahren im New Yorker Hollywood Theater Premiere hatte. Und der Autor dieses Textes hätte ohne den Bogart-Rick vermutlich niemals mit dem Rauchen angefangen.

Aber es kam alles anders: Bogart und Bergman wurden eines der legendärsten Filmpaare der Hollywood-Geschichte, „Casablanca“ ein filmisches Monument des Widerstandes gegen den Faschismus, und die bekanntesten Zitate des Films sind längst im Alltagsgebrauch – vom „Beginn einer wunderbaren Freundschaft“ über „Verhaften Sie die üblichen Verdächtigen“ bis hin zu dem ein wenig schrecklich übersetzten „Ich seh dir in die Augen, Kleines“, dessen englisches Original „Here’s lookin’ at you, kid“ doch noch viel besser klingt.

Es war wohl neben den großartigen Schauspielern mit ihren wunderbar widersprüchlich und doch glaubwürdig gezeichneten Charakteren vor allem der Mut, neben der Liebesgeschichte zwischen Ilsa, Rick und Victor dem politischen Hintergrund ausreichend Raum zu geben, der Casablanca zu einem Erfolgsfilm gegen Nazi-Deutschland inmitten des Zweiten Weltkriegs machte.

Die Szene in Ricks Bar, in der der deutsche Major Strasser – gespielt von Conrad Veidt, der wie ein Großteil der Crew vor den Nazis aus Europa in die USA geflohen war – „Die Wacht am Rhein“ anstimmt und mit einer dröhnenden Herzblut-Version der Marseillaise niedergesungen wird, erzeugt noch heute Gänsehaut.

Kurzversion für die Deutschen

Und die kleinen Einstellungen, etwa als der korrupte Polizeichef Renault am Schluss demonstrativ eine Flasche „Vichy-Water“ in den Müll schmeißt – Vichy war der Sitz der französischen Kollaborationsregierung mit den Deutschen – sind vom Antifa-Aufkleber mit Hakenkreuz-Entsorgung nicht weit entfernt.

In Deutschland kam Casablanca 1952 in die Kinos – um 25 Minuten und den gesamten politischen Inhalt gekürzt. Widerstandskämpfer Victor László war plötzlich ein Physiker, der politische Hintergrund wurde zur banalen Kriminalstory um Wissenschaftsgeheimnisse umgeschrumpft.

Erst dreißig Jahre nach Kriegsende, 1975 – danke, 68er! – wurde hier erstmals die neu synchronisierte Originalfassung gezeigt, wie sie heute jeder kennt.

„Casablanca“ ist ein Film, vielleicht auch der einzige, den man sich sein ganzes Leben lang immer und immer wieder ansehen kann, und immer wieder gibt es noch ein überraschendes Detail zu entdecken. Wer’s nicht glaubt, sollte Casablanca besuchen. Wegen der Quellen.

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32 Kommentare

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  • Eigentlich ist es doch auch nur ein langweiliger B-Movie geworden. Humphrey Bogarts Mimik ist so spannend wie ein Glas Wasser auf einer abgestellten Herdplatte. Ich fand den Hype um Casablanca schon immer maßlos übertrieben.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      ...ja, "langweiliger B-Movie" trifft's ganz gut, aber dennoch, 'don't Bogart that joint...'

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Sicher doch - Rolls Rohrs!

    • @Rainer B.:

      Phallus clarus -

       

      Brille Fielmann!;))

      • @Lowandorder:

        Clarus - casus caseus!

        • @Rainer B.:

          In der Caine und in African Queen konnte der wesentlich eher zeigen, dass der Schauspielen konnte.

  • Ich glaube, ich habe diesen Film zuerst in der zensierten Version gesehen und konnte deshalb nie ganz die Begeisterung für ihn teilen.

     

    Insgesamt muss ich aber auch sagen, dass selbst nach Anschauen der originalen, nicht synchronisierten Fassung ich nicht so ganz den Ruhm nachvollziehen kann. Es gab damals schon Eisenstein und der hat eben tatsächlich schon Elemente verwendet, die einen Film zu einem Film eben machen.

    "Casablanca" kann ebensogut als Buch gelesen werden oder als Theaterstück inszeniert werden. Filmisch, was eben nur filmisch ausgedrückt werden kann und dieses Medium rechtfertigt, kann ich dort nix erkennen. Da war auch Charlie Chaplin schon weiter.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      Es ist ein Theaterstück, nichts anderes! Selbst das Flugzeug am Flughafen war aus Pappe und praktisch der ganze Rest ist in Studio-Sperrholzkulissen gedreht worden.

      Es tut dem allem keinen Abbruch. Noch heute würde ich den nicht zusammen mit einem Franzosen oder einem Amerikaner mit einer Tüte Popcorn anschauen, allein wegen der einen Szene, Sie wissen schon. Unglaublich, dass damals Geflohene aus dem Reich die Uniform dafür anzogen.

       

      Was aber auf immer im Gedächtnis bleibt,

      ist der Blick von Ingrid Bergmann

      • 6G
        61321 (Profil gelöscht)
        @61321 (Profil gelöscht):

        *Bergman, of course

        • @61321 (Profil gelöscht):

          Wenn so ein Film im Kino läuft, sollte man nicht Popcorn mitbringen, sondern Zigaretten und diese wie Bogart genießen.

           

          Ich träume, wenn ich den Film sehe, von Zeiten, in denen in Kneipen noch geraucht werden durfte.

          • 6G
            61321 (Profil gelöscht)
            @Age Krüger:

            Ob Helmut Bogart mochte? Muss mal den di Lorenzo fragen

            • @61321 (Profil gelöscht):

              Quatsch - der wählt doch ständig!

               

              Wilfried Schmickler is der Experte der Stunde ~> Loki & Ol' Smoky bis zum letzten Ascher.

              • @Lowandorder:

                Genau -

                 

                "Überschätzte (Film-)Paare der Weltgeschichte..."

                ("Loki, frach mich mal watt")

                 

                Danke Wilfried!

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    An Wolfgang Leiberg u.a. Geneigte:

     

    Ein interessanter semidokumentarischer Film, gedreht ganz kurz nach dem Krieg, der das Ende desselbigen in Deutschland behandelt, an Originalschauplätzen gedreht (alles kaputt!):

     

    Decision before Dawn / Entscheidung im Morgengrauen

    (mit meinem sehr verehrten Oskar Werner)

     

    Kein Rosselini zwar, geht trotzdem unter die Haut

    • @61321 (Profil gelöscht):

      here we go ~>

      https://www.youtube.com/watch?v=IZbb-6LbLR4

       

      Dieser Film wurde von amerikanischen deutschen und französischen Künstlern ausgeführt, in einem leidenschaftlichen Bemühen um gerecht und unverfälschte Darstellung. Sein Ziel ist: das gegenseitige Verständnis der Völker und der Individuen.

      Allen Personen und Institutionen, die zu seiner Herstellung beigetragen haben - gilt unser Dank."

       

      Regie Anatole Litvak -

      dt. Bearbeitung Carl Zuckmayer

      u.a. O.E. Haase Hans Christian Blech Hildegard Knef

  • Interessant: Goebbels Zensur funktinoerte anscheinend noch Anfang der 50er Jahre wie einst im ' tausendjährigen Reich'. Aus dem Resistance-Drama wude für die deutschen Zuschauer ein xbeliebiger thriller mit Kriegskulisse gemacht. Danke an den Autor, für diese interessante Infprmation - was hätten die erst aus Lubitsch's "to be or not to be" gemacht..

    • @Philippe Ressing:

      Weniger Zensur als vielmehr Anpassung an das Publikum. Je nationalistischer (und das war das deutsche Publikum damals nunmal noch mehrheitlich), desto weniger will man als Feind vorkommen. So wurde auch in "Über den Dächern von Nizza" in der deutschen Version die Vergangenheit des Protagonisten als Deutsche tötender Resistance-Kämpfer (ohne jegliche Bedeutung für den Film, mehr eine kurze Erwähnung), weggelassen.

       

      Heutzutage ist man darüber zum Glück hinaus. Wenigstens in Deutschland. In den USA nicht, da wurde etwa 2003 bei der Verfilmung einer der marinehistorischen Romane von Patrick O'Brian über einen britischen Kapitän zur Zeit der napoleonischen Kriege "Master and Commander" aus dem gejagten amerikanischen Freibeuter ein französischer. Dem amerikanischen Publikum kann ja nicht zugemutet werden, auf der Gegenseite zu stehen.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Philippe Ressing:

      Hören'se mal, das mit dem Kalten Krieg war kein Singspiel, Korea und so, you get it...?

      Wer wollte es sich da noch mit uns wegen dem einen oder anderen Propagandaschinken mit abgelaufenem MHD verschnupfen, wir wurden schließlich wieder gebraucht, Gott sei Dank! Ike und wir, da passte doch kein Blatt dazwischen!

      Ein Hoch also der vorauseilenden compliance am flatbed editor

      • @61321 (Profil gelöscht):

        "Ike und wir, da passte doch kein Blatt dazwischen!"

         

        Nu. Da sarense was! Tina - aber noch nicht Turner - wa!

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          ;))

    • @Philippe Ressing:

      Nu. Zu Goebbels Revolver in memoriam gegriffen - woll!

      (obwohl der - glaub ich ursprünglich - von Göring war¿!;)(

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."Casablanca" und Gänsehaut?

    Passt für mich irgendwie nicht zusammen.

    Netter Film, aber...

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Tja - Wenn mann auch schon so alles gesehen hat - wa!

      kurz - Is schonn ´n Elend. Newahr?!

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        ...apropos Anbetung, momentan läuft auf arte der Film "Eva und der Priester" von Jean-Pierre Melville.

        • @81331 (Profil gelöscht):

          en passant -

           

          Ja schonn. Aber irgendwann -

          Fand ich ihn denn doch zum - sorry -

          katolsch warrn.

          Fin.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Zunächst: ich teile Bernd Pickerts Begeisterung über Casablanca, den ich mindestens zehnmal gesehen habe. Die wundervollen Ingrid Bergmann und Humphrey Bogart. Die historischen Dialoge. Dennoch teile ich sein Fazit nicht, Casablanca sei der Film aller Filme. Es gibt andere, ebenso beeindruckende Filme. König der Fischer mit dem wundervollen Robin Williams ist für mich so einer. Ganz zu schweigen von Tanz der Vampire mit der grandiosen Schlußszene, in der Professor Ambronsius in seinem Bestreben, das Böse ein für allemal auszurotten in Person von Sharon Tate in die Welt trägt.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Ja, es gibt noch andere großartige Meisterwerke, z.B. https://www.youtube.com/watch?v=C_WMOehiVyc

      • 6G
        61321 (Profil gelöscht)
        @Chutriella:

        ich glaube der redet so wie Einstein Englisch gesprochen hat