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Cannabis-Modellprojekt in BerlinKaufen und Kif­fe­n für die Wissenschaft

In zwei Berliner Bezirken startet ein Cannabis-Modellprojekt. Für die wissenschaftliche Begleitstudie braucht es Menschen, die schon länger kiffen.

Bisher gibt es nur CBD zu kaufen, in ausgewählten Berliner Fachgeschäften aber bald auch den Real Deal: Cannabis Foto: dpa

Berlin taz | Cannabis im Fachgeschäft kaufen zu können, ganz normal, so wie Brot beim Bäcker: Das soll ab kommenden Sommer in Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg im Rahmen eines Modellprojekts möglich sein. Zumindest fast.

Den Bezug von Cannabis über Fachgeschäfte hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Rahmen des Cannabisgesetzes ohnehin vorgesehen, inklusive sogenannter Eatables, also beispielsweise THC-haltige Gummibärchen. Bei Lauterbach nennt sich der wissenschaftlich zu begleitende kommerzielle Verkauf „Säule 2“. Erst jetzt kommt es in gewisser Weise in die Gänge.

Das, was nun in den zwei Berliner Bezirken geplant ist, möchte Tjado Stemmermann, der Vize-Fraktionschef der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln, trotzdem eher als „Säule 2 light“ bezeichnet wissen. Schließlich handele es sich vor allem um ein Modellprojekt.

Dass es zu diesem überhaupt kommt, liegt auch an einem anderen Grünen: Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. In der kommenden Woche wird jedenfalls in einer Özdemir unterstehenden Behörde eine entsprechende Ansprechstelle eingerichtet, die die Prüfung und Genehmigung der Projekte übernimmt, die es auch in Hannover und Frankfurt am Main geben soll.

Kiffen wird wissenschaftlich begleitet

Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg werden bei ihrem Vorhaben eng mit der Humboldt-Universität zusammenarbeiten, die die wissenschaftliche Leitung übernehmen soll, und mit der Sanity Group, einem in Berlin ansässigen Cannabis-Unternehmen.

Mindestens 2.000 registrierte Konsumenten brauche man für die Studie, die im Zuge des auf fünf Jahre angelegten Modellprojekts verfasst werden soll, es könnten aber auch gerne mehr sein, heißt es von der HU. Wer teilnehmen möchte, müsse über mindestens zwei Jahre regelmäßig einen Fragenkatalog beantworten.

„Wir möchten nicht, dass mehr, sondern dass sicherer konsumiert wird“, sagt Sanity-Group-Sprecherin Jennifer Plankenbühler zur taz. Dazu gehörten auch Gespräche darüber, ob man nicht mal ausprobieren möchte, Cannabis auf eine andere Weise zu sich zu nehmen als über Joints, denen sehr oft nikotinhaltiger Tabak beigemischt wird.

„Wie wirkt sich der legale Zugang zu Cannabis auf das Konsumentenverhalten aus?“ Dieser Frage wolle das Projekt nachgehen. Zwischen 8 und 12 Euro werde ein Gramm Cannabis kosten – also ungefähr der Schwarzmarktpreis – und in bis zu 6 Fachgeschäften angeboten.

Kif­fe­r:in­nen gesucht

Gesucht werden für die Studie Teilnehmende, die bereits konsumieren, aber auch Neueinsteiger. In der Schweiz, wo die Sanity Group bereits seit gut einem Jahr an einer ähnlichen Studie beteiligt ist, mussten Interessierte mit einem Urintest belegen, dass sie schon Kiffer sind, berichtet Plankenbühler. Das werde es in Berlin nicht geben.

In einer gemeinsamen Presseerklärung der beiden „Modell“-Bezirke lässt sich sogar Neuköllns Gesundheitsstadtrat Hannes Rehfeldt von der Anti-Cannabis-Partei CDU mit wohlwollenden Worten über das neue Vorhaben zitieren. Allerdings haben sich die beiden Bezirke bislang nur darauf geeinigt, Absichts­erklärungen abzugeben.

Cem Özdemir und sein Ministerium müssen nun möglichst schnell dafür sorgen, dass auf diese die entsprechenden Genehmigungen folgen. Schließlich finden im Februar vorgezogene Bundestagswahlen statt. Und wie groß danach das Interesse einer neuen Regierung ist, auch bloß eine „Säule 2 light“ umzusetzen, steht in den Sternen.

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