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Cannabis-Gesetz im BundestagKoalition will Bubatz durchbringen

Bis Ende der Woche soll die Teilfreigabe von Cannabis im Bundestag beschlossen sein. Scharfe Kritik zum mangelnden Jugendschutz kommt aus Bayern.

Bald geschafft: Teil-Legalisierung von Cannabis kommt

Berlin epd/taz | Die Ampelkoalition will die umstrittene Teilfreigabe von Cannabis trotz breiter Kritik bis Ende der Woche vom Bundestag beschließen lassen. „Ich gehe davon aus, dass wir spätestens diesen Freitag das Cannabis-Gesetz im Bundestag beschließen werden“, sagte die zuständige SPD-Berichterstatterin Carmen Wegge dem Stern. Das Gesetz sei ein „Meilenstein in der deutschen Drogenpolitik“ und eine deutliche Verbesserung der aktuellen Situation.

Ähnlich äußerte sich die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther. „Einer Verabschiedung des Gesetzes steht formal nichts mehr entgegen“, sagte die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses dem Stern. Mit der Reform gehe man „weg von der unwirksamen und schädlichen Verbotspolitik, hin zu einer Politik, die den Jugend- und Gesundheitsschutz ins Zentrum stellt“. Das sei ein „überfälliger Schritt“.

Die begrenzte Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken ist ein im Koalitionsvertrag festgelegtes Projekt von SPD, Grünen und FDP. Dem Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zufolge sollen Erwachsene begrenzte Mengen von Cannabis besitzen, konsumieren und zu Hause anbauen dürfen. Außerdem sollen Anbau und Abgabe der Droge im Rahmen von kontrollierten Cannabis-Clubs erlaubt werden. Für den öffentlichen Konsum soll es zahlreiche Regeln geben, etwa dass er in Sichtweite von Schulen, Spielplätzen, Kitas und Jugendeinrichtungen verboten ist. Für Jugendliche bis 18 Jahre bleiben Besitz und Konsum verboten. Das Cannabis-Gesetz soll am 1. April in Kraft treten.

Scharfe Kritik aus Bayern zum Jugendschutz

Kritiker des Gesetzes sehen Probleme bei der Kontrolle der zahlreichen Detailregelungen sowie eine Gefährdung Jugendlicher. Klaus Holetschek, CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, sagte der Mediengruppe Bayern: „Die Erlaubnis zum Cannabis-Anbau und Konsum ist falsch und gefährlich.“ Mit dem geplanten Gesetz werde der Jugendschutz vernachlässigt, mehr und mehr Jugendliche könnten krank werden. „Das ist ein irrsinniges Vorhaben für unser ohnehin belastetes Gesundheitssystem. Die Abstimmungspläne im Bundestag müssen deswegen sofort gestoppt werden“, forderte er.

Auch innerhalb der Koalition lehnen Bundestagsabgeordnete das Gesetz ab. Der SPD-Abgeordnete Sebastian Fiedler sagte vor einigen Tagen, er erwarte, dass eine deutlich zweistellige Zahl von Parlamentarier aus seiner Fraktion mit Nein stimmen wird.

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4 Kommentare

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  • Es ist geschafft . trotz der Hetzkampagnen der Konservativen, die den Untergang des Abendlands befürchten, hat der Bundestag heute mit großer Mehrheit eine neue, liberale Cannabispolitik beschlossen, die dem Verfolgungs- und Bestrafungsansatz des BtMG endlich ein Ende bereitet und einen Umgang mit diesem Genussmittel ermöglicht, wie er mündigen Bürgern gebührt.



    Es ist schön zu sehen, dass die Ampel dieses sehr umkämpfte Projekt straight und ohne sich beirren zu lassen umgesetzt hat, das ist ein Stück Kulturwandel, der alte Zöpfe endlich abschneidet und der Rauschgiftlegende des Hanfs ihr längst überfälliges Ende bereitet. Solche Projekte sind es, die den 16-jährigen Stillstand der Merkel-Ära beiseite räumen und unser Land auch kulturell weltoffener, innovativer und liberaler machen, mit solchen Projekten wird man es auch über die Hürde der nächsten Bundestagswahl in die nächste Legislaturperiode an der Regierung schaffen können.

  • Zweidrittel aller Diebstahl- Raub- und Gewaltdelikte in unserer Stadt durch Leute mit psychischen Störungen dank Drogengenuss. Kann kaum glauben, dass das durch Legalisierung besser wird.

  • Jugendschutz? Klar kann Cannabis ungesund sein, so wie viele Pflanzen.



    Aber das Argument "Jugendschutz" ist so lange völlig unglaubwürdig, wie man unsere Kinder und Jugend bedenkenlos den Angriffen des Überwachungskapitalismus (via Handy) ausliefert. Auch Handynutzung macht süchtig und ist schon lange viel zu viel und total ungesund, aber niemanden scheint es zu kümmern! Von den Gefahren für unsere Demokratie (durch Fakenews, Rechtsradikale und Demoralisierung zum Beispiel) ganz zu schweigen.

    Und wer wirklich unsere nächsten Generationen schützen will, sorgt für gute (Grund)Bildung und gutes Essen an Kitas und Schulen, unter Anderem natürlich.

    Gegen diese Gefahren ist Cannabis wahrlich harmlos.

  • Die SPD ist in dieser Frage so derartig zerstritten, und unzuverlässig, dass man kaum mehr von einer Partei reden kann.



    Fiedler und Co. scheinen darüber hinaus vollkommen vergessen zu haben, dass sie nicht nur gegen eine Forderung im SPD Wahlprogramm, sondern auch gegen eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag kämpfen.



    Bei einer derartigen Unzuverlässigkeit werden sich noch mehr Menschen fragen, warum sie die SPD eigentlich wählen sollen, wenn es danach eh Wundertüte gibt.



    Und das wohl sogar ohne die CDU.