Campact-Aktivist über Meldegesetz-Petition: „Fast wie Fukushima“
Felix Kolb vom Kampagnennetzwerk Campact über den Erfolg der Unterschriftensammlung für eine Online-Petition gegen das geplante Meldegesetz.
taz: Herr Kolb, Tausende haben Ihre Onlinepetition gegen das geplante Meldegesetz unterzeichnet. Sind Sie von dem Erfolg überrascht?
Felix Kolb: Ehrlich gesagt, wirklich überrascht bin ich nicht. Der Gesetzentwurf ist ja ein doppelter Aufreger. Erstens die Tatsache, dass die Meldeämter Daten an die Werbewirtschaft weitergeben dürfen. Zweitens die Art und Weise, wie der Entwurf im Bundestag während des EM-Spiels Deutschland gegen Italien verabschiedet worden ist. Natürlich kommt da der Verdacht auf, dass das niemandem auffallen sollte. Vor 15 oder 20 Jahren wäre es vermutlich auch so gewesen. Aber in Zeiten des Internets haben wir eine größere Öffentlichkeit. Da funktioniert das nicht mehr so einfach.
Wie viele Menschen hoffen Sie zu erreichen?
Wir werden auf 150.000 kommen, vielleicht auch 160.000 oder 170.000. Aktuell sind es 125.000 Unterschriften. Die Geschwindigkeit, mit der der Appell wächst, ist außerordentlich – fast wie unsere Fukushima-Kampagne zum Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie. Damals waren es 300.000.
Wie haben die Menschen von der Kampagne erfahren?
Wir haben ein AktivistInnen-Netz von knapp 660.000 Menschen, die sich engagieren. An die versenden wir regelmäßig E-Mail-Newsletter. Natürlich haben wir auch über Twitter und andere soziale Netzwerke mobilisiert.
38, ist Vorstandsmitglied von Campact, das die Kampagne gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Bundesverband und dem Datenschutzverein FoeBuD durchführt.
In den Medien und seitens der Opposition hagelt es Kritik. Warum ist eine Online-Kampagne zusätzlich nötig?
Große Empörung führt nicht automatisch zu den gewünschten Änderungen. Unsere Aktion ist auch eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, dass doch noch eine Mogelpackung verabschiedet wird. Die Werbewirtschaft wird ja jetzt auch versuchen, ihre Interessen durchzusetzen. Deshalb ist es wichtig, möglichst viele Menschen zu mobilisieren.
Wie könnte eine solche „Mogelpackung“ aussehen?
Zum Beispiel könnte am Ende ein Kompromiss stehen, bei dem Widersprüche zwar wirksam sind, die Bürger aber immer noch aktiv widersprechen müssen. Wir wollen dagegen, dass Daten nicht weitergegeben werden, außer wenn eine explizite Zustimmung vorliegt. Die Grundlogik ist also eine andere: Es ist ein Unterschied, ob man in einem Feld ein Häkchen macht, damit die Daten weitergegeben werden können, oder ob man extra ankreuzen muss, dass sie nicht weitergegeben werden.
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