CO2-Emissionshandel der Deutschen Bank: Der Tipp vor der Razzia
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt fahndet nach einem Maulwurf. Er soll die Deutsche Bank vor einer Razzia der Steuerbehörden gewarnt haben. Die Bank beteuert ihre Unschuld.
FRANKFURT/MAIN apn | Die Deutsche Bank ist im April vor einer Großrazzia wegen Steuerhinterziehung gewarnt worden. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte am Samstag, dass sie seit Mai wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen gegen Unbekannt ermittelt. Laut wurde der Tipp an die Bank durch abgehörte Telefongespräche zwischen Angestellten des Instituts bekannt. Die Deutsche Bank wollte sich mit Blick auf das laufende Verfahren nicht dazu äußern.
Bei der bundesweiten Razzia am 28. April ging es um Steuerhinterziehung beim Handel mit CO2-Emissionszertifikaten. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main hatte 230 Firmen, Banken und Wohnungen durchsuchen lassen, darunter Büros der Deutschen Bank. Ein internationaler Betrügerring soll beim Handel mit Emissionsrechten, an dem die Bank beteiligt war, Umsatzsteuern hinterzogen haben. Allein bei den Emissionsrechten zum Ausstoß von Kohlendioxid, mit denen die Deutsche Bank gehandelt hat, soll der Fiskus um 160 Millionen Euro betrogen worden sein.
Laut Süddeutscher Zeitung informierten mehrere Beschäftigte der Bank einander am Abend des 27. April nach einem entsprechenden Tipp über die Razzia. Offenbar gab es mutmaßlich illegale Kontakte zwischen Mitarbeitern der Bank und zumindest einer Sicherheitsbehörde. Woher der Tipp stammt, ist bisher nicht bekannt, der Zeitung zufolge waren Steuerfahnder und Polizisten in ganz Deutschland in die Aktion eingeweiht.
Bei der Deutschen Bank sollen sieben Angestellte, darunter ein Gebietsleiter, beim Handel mit CO2-Emissionen mit dem Betrügerring zusammengearbeitet haben. Der Leitende Oberstaatsanwalt Günter Wittig bestätigte, dass den Beschuldigten bandenmäßige Steuerhinterziehung vorgeworfen wird.
Maßnahmen gegen Geheimnisverrat gefordert
Ein Sprecher der Deutschen Bank sagte, das Institut gehe davon aus, dass die Vorwürfe gegen die Mitarbeiter im Laufe des Verfahrens entkräftet würden. Die Bank habe eine Anwaltskanzlei mit einer unabhängigen Untersuchung beauftragt, diese habe bisher keine Anhaltspunkte erbracht, die die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft stützten. "Im übrigen kooperiert die Bank voll mit den Ermittlungsbehörden", betonte der Sprecher. Die Deutsche Bank habe die potenziellen Geschäftspartner für den Handel mit Emissionszertifikaten vor Aufnahme der Geschäftsbeziehungen "einer besonderen Überprüfung unterzogen und dabei zahlreiche Kunden abgelehnt".
Die hessischen Grünen forderten von der Landesregierung wirkungsvolle Maßnahmen gegen derartigen Geheimnisverrat. "Hier muss geprüft werden, ob es sich um organisierte Kriminalität handelt", forderte der rechtspolitische Sprecher Andreas Jürgens. "Wenn bei einer solchen Verdachtslage Mitarbeiter der Justiz Tipps an Verdächtige über bevorstehende Durchsuchungen geben, handeln sie mit der gleichen kriminellen Energie wie diejenigen, die sie eigentlich überführen sollen."
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