CO2-Ausstoß bei Leichtathletik-WM: Keine Medaille für Klimabilanz
Die Organisatoren der Leichtathletik-WM überlassen den Klimaschutz dem Publikum. Von der Vision, alle Emissionen auszugleichen, haben sie sich verabschiedet.
Klimaneutral sollte die Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin vom 15. bis 23. August sein. Diese Vision hatte das Berliner Organisationskomitee im vergangenen Jahr vorgestellt. Doch jetzt, fast eine Woche nach Beginn der Veranstaltung, steht fest: Das hehre Ziel wurde verfehlt.
Größte Klimasünde der Leichtathletik-WM ist die An- und Abreise der erwarteten mehr als 500.000 Besucher. Ihr Transport verursacht etwa 85 Prozent der Treibhausgas-Emissionen der WM. Angedacht war deshalb ein System, bei dem die Veranstalter durch die Unterstützung von Klimaprojekten Ausgleich schaffen können. Die Investment-Gruppe Forest Finance hatte dazu die CO2-Gesamtbilanz der Leichtathletik-WM berechnet: Je nach Berechnungsmodell liegt sie demnach bei einem Ausstoß von 100.000 bis 200.000 Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid.
"Klimaneutralität" sei jedoch schwer zu erreichen und koste Geld, das nur begrenzt vorhanden ist, sagt Laurens Lipperheide, Marketing-Direktor des Organisationskomitees. Ein Baum pro Goldmedaille wird jetzt stattdessen gepflanzt, auch auf energieeffiziente Stadionbeleuchtung habe man etwa geachtet. Im Wesentlichen bleibt es jedoch sowohl den Athleten als auch den Besuchern überlassen, für ihre Klimabilanz zu sorgen.
Der Internetauftritt der Leichtathletik-WM verweist dazu auf die Plattform "Green Berlin": Hier wird Orientierungshilfe für Straßenbahn, Bus und Co., eine Mitfahrzentrale und die Online-Buchung für Bahntickets gebündelt. Über einen Kohlendioxid-Rechner können Besucher die Klimabilanz von An- und Abreise errechnen. Ablasshandel dürfen die Nutzer selbst in die Hand nehmen.
Green Berlin bietet nicht mehr als Altbekanntes, ist für Dirk Walterspacher vom Anbieter Forest Finance aber trotzdem eine gute Idee. "Mobilität ist der entscheidende Faktor bei Großveranstaltungen wie dieser." Mit der Plattform werde das Bewusstsein für die eigene Klimabelastung gefördert. Die WM wälze ihre Verantwortung auf die Fans ab, meint dagegen Viviane Raddatz, Mobilitätsexpertin des Umweltschutzorganisation WWF. "Auf Fahrgemeinschaften und öffentliche Verkehrsmittel hinzuweisen ist zudem bereits Standard." Mehr als ein Feigenblatt der Veranstalter sei auch die angebotene Kompensation durch das Bäumepflanzen für jede Goldmedaille nicht.
An der anderen Seite der Medaille internationaler Sportveranstaltungen wird immerhin bereits seit geraumer Zeit gearbeitet: Auch das "Green Goal"-Konzept für die Fußball-WM in Deutschland hatten Umweltschützer jedoch scharf kritisiert: "Wer mit Klimaneutralität wirbt, darf nicht einzelne Alibi-Maßnahmen hochjubeln", sagt Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid: "Sonst bleibt von einem guten Ansatz nur der Beigeschmack der Grünwäsche."
Derzeit feilen auch die Organisatoren der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Kapstadt an einem "Green Goal Action Plan". Vielleicht kann die Pokaljagd auf der Südhalbkugel dem Klimaschutz auf die Sprünge zu helfen.
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