CDU startet die Merkel-App: Ins Web gestolpert
Mit der Smartphone-App kann man Wahlplakate auf den Straßen zum Sprechen bringen. Nutzer reagieren nicht sonderlich erfreut.
BERLIN taz | Aufbruch ins Unbekannte: Angela Merkel, die kürzlich erst erklärte, das Internet sei ja „Neuland für uns alle“, hat sich entschlossen vorgewagt. Um CDU-müde Jugendliche zur Wahl der Internetneuland-Partei zu animieren, gibt es ab sofort eine gefühlte Weltneuheit: die Merkel-App. Purer Informationsfluss auf die Smartphones der CDU-Nachwuchswähler_innen. Mit der Merkel-App lassen sich CDU-Wahlplakate in Videos umwandeln und man kann die Bundeskanzlerin zum Reden bringen.
Das Smartphone wird dazu bei eingeschalteter App auf das Plakat gerichtet, und sofort startet ein CDU-Werbespot. Wem das noch nicht reicht, dem bietet die Merkel-App eine weitere bahnbrechend-unnötige Funktion: Mit der Umkreissuche lässt sich jederzeit feststellen, wo die CDU-Chefin in der Nähe auf einer Wahlveranstaltung spricht.
Auf YouTube haben die ersten User die Merkel-App mit einem „Ich möchte das nicht“ empfangen. Das Traurige sei, schreibt jemand in den Kommentaren, dass das keine Parodie ist. Nein, natürlich ist es das nicht: Für Angela Merkel ist die App Teil ihrer neusten Badeübungen im Haifischbecken des Internets.
Dass junge Menschen genervt davon sind, von Parteien mit pseudomodernen und inhaltsleeren Internetkampagnen umworben zu werden, hat die CDU noch nicht verstanden. Viele Jugendliche können die peinlichen Netzaktionen ergrauter Politiker_innen nicht ernst nehmen. „Wo kriegt man so ein Internet?“, kommentiert ein YouTube-User auf der Seite der Merkel-App die Stimmungslage.
Wer also wird die neue Merkel-App nutzen? Ein weiterer YouTube-Kommentator kennt die Antwort: „Von Idioten für Idioten.“ Weil sich viele Internetuser vor der sinnlosen Reizüberflutung durch die CDU schützen wollen, werden im Netz Forderungen laut: Wo bleibt der Merkel-App-Blocker und die langersehnte CDU-Firewall?
Als Alternative wäre zudem eine Handy-App denkbar, mit der sämtliche CDU-Wahlplakate ausgeblendet werden könnten. Smartphone auf das Plakat gerichtet – und statt Wahlwerbefilmchen sieht und hört man zur entspannenden Abwechslung mal: nichts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“